Süddeutsche Zeitung

China:Am Limit

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Das Wirtschaftswachstum in China lässt weiter nach. Der Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten schlägt inzwischen voll durch.

Von Christoph Giesen, Peking

Chinas Wirtschaftswachstum ist überraschend stark auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahrzehnten gefallen. Im dritten Quartal legte die zweitgrößte Volkswirtschaft nur noch um 6,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie das Statistikamt am Freitag in Peking mitteilte. Vor allem der Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten belastet die Wirtschaft der Volksrepublik stärker als erwartet. Das Wachstum liegt nun am unteren Ende der Zielvorgabe der Regierung für dieses Jahr von "6,0 bis 6,5 Prozent". Im ersten Quartal waren 6,4 und im zweiten 6,2 Prozent erreicht worden.

Verglichen mit den Wachstumszahlen in Europa oder den USA klingen 6,0 Prozent mehr als solide. Doch Chinas Führung braucht ein höheres Wachstum, noch immer verlassen jedes Jahr Millionen Bauern ihre Dörfer, ziehen in die Städte und werden zu Arbeitern. Ihre Gehälter vervielfachen sich dadurch. Einer der Gründe für das Wachstum. Allerdings müssen auch jedes Jahr Millionen neuer Jobs entstehen.

Früher geschah das vor allem in der Exportindustrie. Aufgrund der Strafzölle in Milliardenzölle sind jedoch die Ausfuhren in die USA in den vergangenen Monaten eingebrochen. Und auch der Konsum im Inland schwächelt. Viele Chinesen verschieben derzeit große Anschaffungen, der Handelskrieg schürt die Unsicherheit.

Zu spüren bekommen das besonders die Autohersteller. So fiel die Zahl der verkauften Fahrzeuge im September um 5,2 Prozent auf 2,27 Millionen und damit den 15. Monat in Folge, wie der Branchenverband CAAM mitteilte. Damit blieb die Nachfrage auf dem weltgrößten Automarkt hinter den Erwartungen zurück. September und Oktober gelten traditionell als besonders verkaufsstarke Monate in der Volksrepublik. Im August lag das Minus bei 6,9 Prozent, im Juli bei 4,3 Prozent. Besonders stark fiel der Rückgang bei den sogenannten New Energy Vehicles (NEV) aus, unter die in China sowohl rein batteriegetriebene Wagen als auch Hybridfahrzeuge fallen. Der Absatz brach im September wegen Kürzungen von Subventionen um 34,2 Prozent ein.

In der Vergangenheit hat die Führung in Peking Schwächen beim Konsum und im Export durch staatliche Investitionen ausgeglichen. Um Wanderarbeiter weiter zu beschäftigen, wurden neue Schnellbahnstrecken gebaut, U-Bahn-Tunnel gebohrt und Flugplätze in Windeseile errichtet. Die Folge: Die Verschuldung, vor allem der Staatskonzerne, stieg in nur wenigen Jahren rasant an. Auch diese Ausgaben versucht die Regierung nun zu reduzieren. All das ist zu erkennen in den schwachen Zahlen.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2019
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