Süddeutsche Zeitung

Bundestagsdebatte zu Griechenland:Schäuble beklagt zerstörtes Vertrauen

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Einen "Kompromiss um jeden Preis wird es nicht geben"

Der Kanzlerin sei unterkühlt, zeige zu wenig Mitgefühl - so lautet ein Vorwurf an Angela Merkel. So wie es ihr an dem Gefühl für Gesten an ihr eigenes Volk fehle, so gehe sie auch mit den Griechen um: zu formal, zu technisch. Als wolle sie ihren Kritikern zeigen, dass sie anders kann, wendet sich Merkel am Mittwoch in der Bundestagsdebatte erst einmal an die Menschen in Griechenland: Sie müssten "harte, sehr harte Tage bewältigen". Sie reagiert auch auf die Kritik, die Kreditgeber mischten sich in die Belange eines Volkes herein: Selbstverständlich sei es das demokratische Recht der Griechen im Referendum abzustimmen, "wie auch immer sie wollen".

Doch dabei bleibt es dann auch, Merkel nimmt anschließend wieder die Rolle der Mahnerin ein. Ein Wesensmerkmal Europas sei Kompromissfähigkeit - doch "Kompromiss um jeden Preis wird es nicht geben." Worte, die auch an die griechische Regierung gerichtet sind. Griechenland retten: Ja, aber eben nicht unter allen Bedingungen, so lautet die Botschaft. Dass Europa eine Pleite des Landes überstehen würde, davon geht offenbar auch die Kanzlerin aus. Man sei stark und viel stärker als noch vor fünf Jahren als die Krise begann.

Retterin oder Zerstörerin?

Wie sich die Kanzlerin nun in den entscheidenden Tagen verhält, sei extrem entscheidend, sagt Linken-Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi und appelliert an das Verantwortungsbewusstsein Merkels: "Sie können als Retterin der europäischen Idee in die Geschichte eingehen - oder als deren Zerstörerin." Er stellt auch klar dar, was er für zerstörend hält: Die Kanzlerin wolle den griechischen Ministerpräsidenten Tsipras loswerden. Schließlich hoffe sie, dass die Griechen am Sonntag für "Ja" und damit für die Forderungen der Gläubiger und gegen ihre eigene Regierung stimmten.

Selbstkritik bringt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in die Debatte ein. Griechenland habe es zwar dringend nötig, mit ihren Reformen endlich jenen auf den Leib zu rücken, die das Land jahrzehntelang ausgezehrt hätten. Allerdings sei Europa an dieser Entwicklung nicht unschuldig. EU-Staaten hätten Korruption und Klientelpolitik nicht thematisiert.

Die Schuld am Desaster sieht Finanzminister Schäuble hingegen bei der griechischen Regierung. Sie verdrehe die Wahrheit und sei nicht ehrlich zu ihrem eigenen Volk. Seitdem sie im Amt sei, habe sie nichts geschafft. Spanien, Portugal, Zypern - diese Länder hätten bei der Bevölkerung für die Vereinbarungen geworben. Griechenland hingegen lehne einen Vorschlag öffentlich und sogar in einem Referendum ab. "Das zerstört Vertrauen", sagt Schäuble. Wie bisher will er wohl nicht mehr mit Tsipras diskutieren, es brauche ein neue Grundlage für Vertrauen, sagt der Finanzminister.

Zuvor hatte er sich bereits auf einer Pressekonferenz geäußert, wie er die neuen Vorschläge der Griechen für ein Kreditprogramm einschätzt. Es habe keine "Klarheit" gebracht. "Es ist alles todtraurig. Wir sind in einer viel schwierigeren Lage als vorher. Sie war immer schwierig. Sie ist aber seit Januar immer schwieriger geworden" - als die Syriza-Regierung an die Macht kam.

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