Süddeutsche Zeitung

Börse:Zwischen Zuversicht und Verzweiflung

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Nervöse Börsen: Mitte der Woche ging es bergab, am Freitag gab es Hoffnung.

Von Caspar Busse, München

Es sind keine guten Zeiten für Anleger mit schwachen Nerven, denn die Lage an den großen Aktienmärkten ist derzeit ziemlich unsicher. Die Börsen schwanken zwischen Zuversicht und Verzweiflung. Nach der durchgreifenden Erholung der Kurse in den vergangenen Wochen hatte es zuletzt einen kräftigen Rückschlag gegeben. Allein am Donnerstag gab der amerikanischen Aktienindex Dow Jones fast sieben Prozent ab, es war die deutlichste Talfahrt seit dem Ausverkauf zu Beginn der Krise in den USA Mitte März. Viele andere Märkte weltweit waren deshalb ebenfalls deutlich im Minus.

Der Auslöser: Die US-Notenbank Fed hatte einen sehr pessimistischen Konjunkturausblick veröffentlicht. Plötzlich war die Angst zurück. "Vor der Wirtschaft liegt ein sehr unsicherer Weg", warnte Fed-Chef Jerome Powell. Viele glauben deshalb, dass der erhoffte Aufschwung nicht V-förmig, sondern W-förmig sein wird, also kein besonders schneller Aufschwung nach dem tiefen Einbruch, sondern ein langes quälendes Auf und Ab - das wäre Gift für die Aktienmärkte. Dazu kommt die Furcht vor einer zweiten Welle von Coronavirus-Infektionen, nachdem es in südlichen Staaten der USA wieder einen Anstieg der Infektionen gegeben hat und auch in Südamerika die Zahlen weiter stark steigen. Am Freitag waren die Sorgen plötzlich erstmal wieder kleiner, es ging zunächst bergauf, manche nutzten die gefallenen Kurse für einen günstigen Einstieg. Dann gab der Dax aber wieder ab und schloss mit einem Minus von 0,2 Prozent unter der Marke von 12 000 Punkten. In den USA stiegen die Aktiennotierungen.

Manche Beobachter sagten, die negative Reaktion vom Donnerstag sei übertrieben gewesen. Nur eine kurze Panikattacke also? Wohl kaum, zu erwarten sind vielmehr weitere, möglicherweise starke Schwankungen. "Die Kluft aus negativer Realität und hohen Erwartungen könnte nicht größer sein", sagte eine Experte. Andere meinten, man sei nun am Scheideweg: Entweder liegen die Optimisten vorne oder die möglichen Gefahren rücken wieder in den Vordergrund. Zumal es auch immer wieder schlechte Nachrichten geben wird, wie diese vom Freitag: Mehr als ein Drittel der Einzelhändler außerhalb der Lebensmittelbranche sehen ihre Existenz in Deutschland wegen der Corona-Pandemie bedroht. Nach wie vor kämen deutlich weniger Kunden als vor der Krise in die Geschäfte, sagte Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands HDE. "Für die Zukunft sehen knapp 80 Prozent der Händler schwarz: Sie rechnen damit, dass es als Folge der Coronakrise eine Insolvenzwelle in der Branche geben wird und dass sich damit das Bild der Innenstädte verändern wird." Das klingt eher düster.

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Quelle:
SZ vom 13.06.2020
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