Süddeutsche Zeitung

Bausparvertrag:Bausparkasse kauft sich frei

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Von Benedikt Müller

Im Streit um die tausendfache Kündigung von Bausparverträgen hat die Bausparkasse BHW ein mögliches Grundsatzurteil zugunsten der Sparer abgewendet. Am nächsten Dienstag hätte der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden sollen, ob Bausparkassen alte Verträge frühzeitig kündigen dürfen, wenn sie sogenannte Bonuszinsen oder Treueprämien auf die Bausparsumme anrechnen. Derartige Kündigungen waren ein Ärgernis für Tausende Kunden; die Vorinstanz hatte zugunsten der Sparer entschieden. Doch nun haben sich Kläger und Bausparkasse außergerichtlich geeinigt, bestätigt die BHW. Der Termin am Dienstag fällt aus.

Den Instituten kann das nur recht sein. Viele Banken schließen lieber in letzter Minute einen Vergleich mit einzelnen Kunden, anstatt ein ungünstiges Grundsatzurteil zu kassieren, auf dass sich weitere Betroffene berufen könnten.

Viele Bausparkassen haben in vorigen Jahrzehnten ihre Verträge als rentable Geldanlage beworben. Die BHW versprach in den zwei Fällen, um die es am Dienstag gegangen wäre, besonders hohe Zinsen von bis zu fünf Prozent pro Jahr, falls die Kunden ihren Vertrag als Sparkonto nutzen und kein Darlehen aufnehmen. Eigentlich sind Bausparverträge dazu gedacht, dass Kunden nicht die komplette Bausparsumme ansparen, sondern nach ein paar Jahren einen Teil als Kredit aufnehmen, um eine Immobilie zu finanzieren.

Doch wegen der niedrigen Zinsen fällt es den Kassen immer schwerer, die Versprechen einzuhalten. Die Institute haben in den vergangenen Jahren gut 250 000 alte Verträge gekündigt. Das dürfen sie, falls Kunden bereits die gesamte Bausparsumme angespart haben. Zudem entschied der BGH im Februar, dass die Kassen Kunden kündigen dürfen, die kein Darlehen aufnehmen, obwohl ihr Vertrag bereits seit zehn Jahren zuteilungsreif ist (Az. XI ZR 272/16 und XI ZR 185/16). In solchen Fällen gehe es den Sparern offensichtlich nicht mehr darum, einen Kredit aufzunehmen.

Verbraucherschützer befürchten weitere Kündigungen

In seiner Urteilsbegründung hat der BGH allerdings auf mögliche Ausnahmen hingewiesen. Demnach gelten andere Regeln, wenn Kunden nach einer Treue-Zeit einen höheren Zins erhalten, falls sie kein Darlehen in Anspruch nehmen. In solchen Fällen steht offenbar die Geldanlage im Vordergrund, nicht das günstige Darlehen. Um genau solche Verträge mit Bonuszinsen wäre es am Dienstag gegangen.

BHW kündigte die beiden Verträge im Jahr 2015, obwohl die Kunden die Bausparsumme noch nicht erreicht hatten. Doch die Kasse argumentierte: Wenn man die Bonuszinsen mitrechnet, sei die Summe komplett angespart. Das Oberlandesgericht Celle folgte dem nicht. Die Kasse hätte noch nicht kündigen dürfen; den Kunden stehen die hohen Zinsen weiterhin zu.

Mit diesem Urteil gibt sich BHW nun zufrieden; es ist rechtskräftig, aber eben nicht von höchstrichterlicher Stelle. Verbraucherschützer befürchten daher, dass Bausparkassen weiterhin Verträge mit Bonuszinsen kündigen werden - womöglich früher, als ihnen zusteht. "Wir ermuntern alle übrigen Kunden der BHW mit ähnlichem Sachverhalt dazu, sich erneut an die Bausparkasse zu wenden oder weiter für ihr Recht einzutreten", sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Wenn eine Bausparkasse einen Vertrag als "Renditeknaller" anpreise, dann dürften ihre Kunden wohl mit gutem Recht diese Rendite auch einfordern.

Zudem hatten Anwälte gehofft, dass sich der BGH am Dienstag grundsätzlich zu Bausparverträgen mit Bonuszinsen äußern würde. Stattdessen ist nun weiter fraglich, wann in solchen Verträgen das Kündigungsrecht der Kassen beginnt.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2017
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