Süddeutsche Zeitung

Autoversicherung:Kampf um die Autofahrer

Lesezeit: 3 min

Der Kfz-Versicherer HUK-Coburg steigt beim Werkstattdienstleister Pitstop ein. Denn das Geschäft mit Ölwechsel, Reparaturen und neuen Reifen kann sich lohnen.

Von Anna Schwartze, Köln

Der größte deutsche Autoversicherer HUK-Coburg baut seine Dienstleistungen rund um das Auto kräftig aus. Die Gruppe übernimmt 25,1 Prozent an der Werkstattkette Pitstop mit 300 Betrieben.

Schon jetzt hat der Versicherer Partnerwerkstätten, die für seine Kunden über die Reparatur von Versicherungsschäden hinaus Dienstleistungen anbieten. Damit kommt das Servicenetz der HUK auf insgesamt 450 Werkstätten in mehr als 200 Städten.

Pitstop wurde 1970 gegründet. Das Unternehmen betreibt deutschlandweit Werkstätten für alle Pkw-Marken und kommt auf rund 1 300 Mitarbeiter. Stefan Kulas bleibt auch nach dem Deal geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter von Pitstop.

Den Kaufpreis nennen die Unternehmen nicht. Die Kartellbehörden müssen der Übernahme noch zustimmen. Damit positioniert sich der Versicherer weiter als Dienstleister rund ums Auto und sichert sich zahlreiche Kontakte zu potenziellen Neukunden in der Kfz-Versicherung. "Pitstop hat heute schon eine große Kundenbasis, die wir hoffen, noch deutlich steigern zu können", sagte HUK-Chef Klaus-Jürgen Heitmann der SZ.

Die Marke der HUK-Coburg wird bei dem Angebot deutlich sichtbar sein. Der Erstkontakt und damit die Buchung sollen überwiegend über die HUK-Autoservice-Plattform laufen, sagt Heitmann. "Wir garantieren, dass die angegliederten Werkstätten unsere Qualitätsstandards sicherstellen."

Die Pitstop-Filialen behalten ihre Marke, zusätzlich wird aber auch die Marke HUK-Coburg an den Werkstätten gut sichtbar angebracht.

Die HUK ist zwar Marktführer mit 13,4 Millionen versicherten Fahrzeugen und liegt mit weitem Abstand vor der Nummer zwei, der Allianz, die bei 8,7 Millionen Fahrzeugen stagniert.

Aber wie viele andere Versicherer hat die Gesellschaft ein Problem: Bei den Neuwagen graben ihr die Hersteller das Wasser ab, die eigene Versicherer haben oder mit wenigen Gesellschaften wie Ergo und Allianz zusammenarbeiten. Sie bieten die Policen als Teil des Neuwagenverkaufs an. Damit wollen die Hersteller auf jeden Fall auch dafür sorgen, dass Reparaturen und Service in ihren Vertragswerkstätten bleiben.

Gebrauchtwagen, die von kostenbewussteren Kunden gefahren werden, sind eigentlich das Kerngeschäft der HUK-Coburg. Doch hier wächst der Einfluss von Vergleichsportalen wie Check24. Außerdem müssen die Coburger fürchten, dass Internet-Konzerne wie Amazon und Google in ihr Geschäftsfeld vorstoßen.

Da ist es wichtig, Kunden an sich zu binden und möglichst viele Dienstleistungen rund um das Auto anzubieten. Es darf sich für die Autofahrerin und den Autofahrer nicht lohnen, für eine 30 Euro günstigere Police den Versicherer zu wechseln, so das Kalkül der Marketingmanager des Marktführers. Denn damit würden sie und er angenehme Dienstleistungen rund um das Fahrzeug verlieren.

"Die geplante Beteiligung an Pitstop ist ein weiterer Schritt beim Ausbau unseres HUK-Serviceangebotes rund um Mobilität", erläuterte Heitmann. "Damit rücken wir noch näher an unsere Kundinnen und Kunden im größer werdenden Mobilitätsmarkt heran."

Die HUK-Coburg hat ein Netz von 1600 Partnerwerkstätten, die auf die Reparatur von Unfallschäden ausgerichtet sind. Kunden, die einen Vertrag mit Werkstattbindung wählen, lassen ihr Fahrzeug von einem Betrieb aus dem Netzwerk instand setzen und sparen im Gegenzug rund 20 Prozent der Prämie für die Kaskoversicherung. Der Versicherer spart, weil er besonders günstige Stundensätze mit der Werkstatt im Gegenzug für gute Auslastung vereinbart hat.

Von diesen 1600 bieten 150 zusätzlich auch den Autoservice an. Kunden können über die HUK dort Reifen- und Ölwechsel machen und Reparaturen durchführen lassen, die nichts mit einem Versicherungsschaden zu tun haben. Zu ihnen kommen nun die 300 Pitstop-Werkstätten. Pitstop ist nicht auf die Reparatur von Unfallschäden ausgerichtet, sondern auf Service.

Das Werkstattnetz ist die wichtigste, aber nicht die einzige Dienstleistung der Coburger. Über die HUK-Autowelt in Düsseldorf ist der Versicherer bereits Gebrauchtwagenhändler, er kauft seinen Kunden auch Fahrzeuge ab. Zusammen mit den Versicherern LVM und HDI hat die HUK die Plattform Onpier gegründet, die weitere Dienstleistungen rund um das Fahrzeug anbieten soll.

Preisvorteile für HUK-Versicherte, die in den 450 Werkstätten ihre Wagen warten oder reparieren lassen, wird es künftig nicht mehr geben. Das war bisher bei den 150 Partnerbetrieben der Fall. Insofern verschlechtert sich die Position der Kunden, es gibt weniger Rabatt. Die Gesellschaft plant aber bereits Marketingaktionen und Gutscheine für die eigenen Versicherten.

Über die Autoservices ist die Marke der HUK im Alltag der Autofahrer präsent, und der Versicherer verschafft sich wertvolle Kontaktpunkte zu potenziellen Neukunden.

Der Versicherer hat den Internetauftritt des HUK-Autoservice überarbeitet und bietet dort nun diverse Services rund um die Themen Reifen, Hauptuntersuchung und Abgasuntersuchung, Ölwechsel, Klimaservice, Bremsen, Auspuff, Fahrwerk, Batterie und Inspektion an. Über die Website lassen sich die Dienste buchen, auch kurzfristig sind Termine verfügbar.

Die bisherigen Partner will die HUK-Coburg durch den Pitstop-Deal nicht verprellen. "Die 150 Partnerwerkstätten, die zusätzlich auch Autoservice anbieten, bleiben fester Bestandteil des HUK-Werkstattnetzes", stellte Heitmann klar.

Man unterscheide "weiterhin klar zwischen der gesteuerten Reparatur von Unfallschäden auf der einen Seite und Instandhaltung und Wartung auf der anderen Seite", sagte auch Thomas Geck, Leiter Schaden-Prozessmanagement bei der HUK-Coburg. Es soll offenbar nicht zu Revierkämpfen unter den Betrieben kommen.

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