Süddeutsche Zeitung

Autoversicherung:Bereit zum Wechsel

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Wer 2020 weniger für seine Autoversicherung zahlen will, sollte sich einen anderen Anbieter suchen.

Von Herbert Fromme, Köln

Wer 2020 weniger für seine Autoversicherung zahlen will, muss sich beeilen. Am 30. November endet bei den meisten Versicherern die Kündigungsfrist - nur wenn die Kündigungdes Kunden bis dahin beim Versicherer eingegangen ist, läuft die bestehende Police im kommenden Jahr nicht automatisch weiter. In diesem Jahr fällt der 30. November auf einen Samstag. Deshalb gilt die Regel auch für Briefe, die am 2. Dezember bei der Gesellschaft eingehen. Manche Gesellschaften akzeptieren die Kündigungen per Mail. Und: Wenn der Versicherer erst im Dezember eine Preiserhöhung ankündigt, hat der Kunde dann ein Sonderkündigungsrecht. Mehrere hundert Euro könne man durch den Wechsel sparen, versprechen Ratgeber und Vergleichsportale. Das ist in Einzelfällen bestimmt so. Oft geht es auch nur um 20 Euro oder 30 Euro - oder darum, einer möglichen Preiserhöhung aus dem Weg zu gehen. Es ist auf jeden Fall eine gute Idee, sich mit der bestehenden Versicherung näher zu befassen.

Der erste Schritt muss eine saubere Inventur der aktuellen Police sein. Könnte ich einen Vertrag mit Werkstattbindung abschließen, bei dem der Versicherer im Schadenfall die Werkstatt aussucht? Das gibt meistens rund 20 Prozent Nachlass bei der Kaskodeckung. Wer ist als Fahrer eingetragen? Gilt das noch? Vielleicht hat der 18-jährige Sohn jetzt einen eigenen Wagen. Fahre ich wirklich so viele Kilometer, wie ich angegeben habe? Ist das Fahrzeug als Garagenwagen beim Versicherer registriert (das gibt einen Nachlass)? Achtung: Wer bei diesen Angaben schummelt, läuft ein hohes Risiko. Denn wenn bei einem Unfall oder Diebstahl vom Straßenrand herauskommt, dass doch Sohn oder Tochter am Steuer saßen und keine Garage vorhanden ist, wird der Versicherer zwar zahlen - aber eine saftige Vertragsstrafe von mehreren tausend Euro verhängen.

Ebenfalls prüfen sollte der Kunde, ob der bestehende Vertrag gut ist, also alle wirklich wichtigen Details enthält. Bianca Boss vom Bund der Versicherten in Hamburg hat Empfehlungen: So sollte die Haftpflichtpolice eine Deckungssumme von 100 Millionen Euro enthalten, gesetzlich vorgeschrieben sind nur 7,5 Millionen Euro. "Die Haftpflichtdeckung sollte auch ein im Ausland gemietetes Fremdfahrzeug umfassen", sagt Boss. In der Kaskoversicherung muss der Versicherer auf den "Einwand der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls verzichten", verlangt die Expertin. Sonst sind Unfälle zum Beispiel durch das versehentliche Überfahren einer roten Ampel nicht abgedeckt. "Sonderausstattungen wie etwa eingebaute Navigationsgeräte sollten unbedingt mitversichert sein", rät Boss. Dasselbe gilt für Schäden durch Tier- und Marderbisse sowie durch Kollisionen mit Tieren jeder Art.

Wer mit seinem Vertrag und seinem Versicherer ganz zufrieden ist und nicht wechseln will, kann trotzdem den Preis senken. Oft hilft ein Anruf bei der Gesellschaft, ob sie bereit sei, dem bestehenden Kunden dieselben Konditionen zu gewähren wie einem Neukunden. In der aktuellen Wechselsaison senken die Anbieter nämlich die Preise für Neukunden, hat der Rückversicherer E+S Rück beobachtet. "Das hindert die Versicherer aber nicht daran, auch leichte Anpassungen nach oben im Bestandsgeschäft durchzusetzen", sagt Andreas Kelb, Autoversicherungsexperte der E+S, die bei 61 von 88 Gesellschaften Rückversicherer ist und den Markt gut kennt.

Ist der Vertrag schlecht, lohnt die Suche nach einer Alternative

Ist der Vertrag schlecht oder der Versicherer beim Preis nicht kompromissbereit, lohnt die Suche nach einer Alternative. Viele Verbraucher nutzen Vergleichsportale - hier müssen sie ihre Daten nur einmal eingeben und erhalten eine Reihe von Angeboten. Check24 und Verivox sind die größten Portale. Rechtlich gesehen handelt es sich um Versicherungsmakler. Wenn der Kunde nach dem Vergleich bei ihnen bei einem Versicherer online abschließt, erhalten sie eine Provision. Marktführer HUK-Coburg arbeitet nicht mit den Portalen zusammen, dasselbe gilt aktuell für den Direktversicherer der Allianz, die Allianz Direct.

Nicht als Makler tätig und trotzdem gut ist das Portal Nafiauto.de, über das ein Interessent nicht direkt online abschließen kann. Aber das ist ohnehin nur selten empfehlenswert. "Wer nur auf die Portale setzt und dabei vor allem auf den Preis schaut, macht wahrscheinlich einen Fehler", sagt Verbraucherschützerin Boss.

Trotz einer Vergleichsrechnung bei einem Portal lohnt es sich fast immer, noch einige Versicherer direkt abzufragen. Dazu gehören die HUK-Tochter HUK24 und die Allianz Direct: Denn HUK-Coburg und Allianz liefern sich aktuell ein heißes Gefecht um die Marktführerschaft. Seit 2011 sind die Coburger größer als die Münchener, die das gern wieder ändern würden und entsprechend aggressiv auftreten.

Auch eine Reihe neuer Anbieter kämpft um Kunden, zum Teil mit gewaltigem Werbeaufwand. Das Berliner Unternehmen Friday, das zur Schweizer Baloise gehört, bietet Policen, die pro gefahrenem Kilometer abgerechnet werden. Das kann sich für Wenigfahrer lohnen. Das Start-up Emil, ebenfalls in Berlin ansässig, hat ein ähnliches Angebot, hinter dem die Gothaer steht.

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Quelle:
SZ vom 22.11.2019
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