Süddeutsche Zeitung

Autoindustrie:Milbertshofen statt Genf

Lesezeit: 1 min

Der Autosalon wurde abgesagt, die Hersteller weichen nun auf andere Möglichkeiten aus, um ihre Neuheiten zu präsentieren.

Von Max Hägler und Christina Kunkel, München

Vielleicht ist die Absage des Genfer Autosalons auch ein Blick in die Zukunft. In der sich die Autohersteller fragen, ob neue Modelle an einem festen Ort mit großem Pomp und teurer Show präsentiert werden müssen. Oder ob es auch funktioniert, wenn Journalisten und Autofans nicht mehr extra zu einer Messe anreisen, sondern von jedem Ort der Welt auf ihren Bildschirmen bei Premierenfeiern dabei sind. So wie in diesen Tagen, an denen sie eigentlich alle in Genf sein wollten, bei der 90. Auflage des Autosalons. Doch dann kam das Coronavirus dazwischen.

"Zu 95 Prozent" sei alles fertig gewesen in den Hallen der Palexpo, sagt Autosalon-Direktor Olivier Rihs. Nur das Wichtigste, die Autos, die wären sowieso fast alle erst am Wochenende in die Schweiz gebracht worden. In der offiziellen Absage ist die Rede von einer "Sanktion", die die Organisatoren "akzeptieren". Es fällt der Begriff "höhere Gewalt", der wohl wichtig ist für Schadenersatzansprüche, denn die finanziellen Folgen seien "erheblich". Kurzum: Die Messe hätte "eine großartige Veranstaltung werden können", schreiben die Schweizer Messe-Manager. Die Autobauer präsentierten indes rasch einen Plan B: Die neue E-Klasse von Mercedes wird am Dienstag per Livestream im Netz vorgestellt, genau wie der Hybrid-SUV von VW und der elektrische i4 von BMW. Dort heißt es jetzt: Milbertshofen statt Genf. Im dortigen Forschungs- und Innovationszentrum hält BMW-Chef Oliver Zipse eine "digitale Pressekonferenz." Der chinesische E-Autobauer Aiways hat seine SUVs kurzerhand nach Stuttgart gebracht, um sie dort Journalisten zu präsentieren.

Eine Verschiebung der Messe sei nicht möglich gewesen, sagen die Veranstalter: zu viel logistischer Aufwand. Doch dass das Format "Automesse" bald überholtsein wird, glauben sie in Genf nicht. Auf der Pressekonferenz zur Absage verkündete Autosalon-Chef Maurice Turrettini vorsorglich schon das Datum für die Messe im nächsten Jahr: der 4. bis 14. März 2021.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4826655
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 02.03.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.