Süddeutsche Zeitung

Arbeitsmarkt:"Neue Jobs durch Leiharbeit"

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Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, hat die Forderung der IG Metall nach einer besseren Bezahlung von Leiharbeitern abgelehnt. Seine Begründung: ihre angeblich geringere Produktivität.

Sibylle Haas

"Zeitarbeitnehmer sind gegenüber Stammbelegschaften meist weniger produktiv"', sagte Kannegiesser der Süddeutschen Zeitung. Er begründete seine Aussage mit der größeren Betriebserfahrung Festangestellter. Auch seien sie meist besser qualifiziert und hätten anspruchsvollere Aufgaben als Leiharbeiter.

Die IG Metall hat vorige Woche eine Kampagne gegen den Missbrauch von Leiharbeit gestartet und "gleichen Lohn für gleiche Arbeit" verlangt. Gesamtmetall-Chef Kannegiesser warnte: "Wenn Zeitarbeiter teurer werden als Stammbelegschaften, dann werden die Betriebe bei Bedarf andere Möglichkeiten suchen, wie Auslagerung." Daher müsse es Lohnunterschiede geben, "die Frage ist, wie groß diese sein sollten". Er widersprach der These der Gewerkschaft, Leiharbeiter ersetzten Stammbelegschaften und dienten längst nicht mehr dazu, Auftragsspitzen abzufangen. In der Metall- und Elektroindustrie seien voriges Jahr neben 40.000 neuen Zeitarbeitsplätzen 130.000 zusätzliche Stammarbeitsplätze entstanden, so Kannegiesser. Er bezifferte den Anteil der Zeitarbeitnehmer in seiner Branche auf derzeit sechs Prozent, gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten.

Da ein Großteil der Zeitarbeitnehmer gering qualifiziert sei und Hilfsarbeiten verrichte, würde es ohne die Zeitarbeit viele dieser Jobs auch gar nicht geben, betonte der Gesamtmetall-Chef. Dass der Handyhersteller Nokia seine Produktion trotz eines hohen Leiharbeiteranteils nach Rumänien verlagert, bezeichnete Kannegiesser als Einzelfall. "Nokia hat eine grundsätzliche Standortentscheidung getroffen, die jedem Unternehmen frei steht", sagte er.

Es gebe keinen politischen Handlungsbedarf, sagte Kannegiesser und widersprach SPD-Chef Kurt Beck, der sich hinter die IG-Metall-Kampagne gestellt hat. "Wo Leiharbeit zu Lohndumping und Tarifflucht genutzt wird, muss Politik handeln", so Beck auf der Internetseite der Gewerkschaft. "Die Aussagen des SPD-Parteivorsitzenden sind bedauerlich, weil sie jede sachbezogene Auseinandersetzung mit der Zeitarbeit vermissen lassen", konterte Kannegiesser. Keine Branche sei so stark tariflich geregelt wie die Zeitarbeit. Zeitarbeitnehmer arbeiteten voll unter dem Dach des deutschen Arbeitsrechts, betonte Kannegiesser.

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SZ vom 15.4.2008/mel
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