Süddeutsche Zeitung

Arbeitskleidung:Fluggesellschaft schafft Uniformen für Mann und Frau ab

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Pilotin mit Krawatte, Flugbegleiter im Rock: Die Beschäftigten von Virgin Atlantic dürfen künftig unabhängig ihres biologischen Geschlechts entscheiden, welche Uniform sie tragen möchten.

Von Isabel Fisch

An kaum einem Ort werden Rollenklischees so deutlich wie über den Wolken gepflegt: Für das Bordpersonal von Fluggesellschaften gibt es nämlich strikte Regeln, was ihre Optik angeht. Während die Herren mit schicker Hose und Krawatte noch recht bequem davonkommen, quetschen sich die Kolleginnen in Bleistift-Röcke, enge Blazer und Pumps.

Das ist nicht nur aus Komfortgründen unfair. Schließlich soll es Frauen geben, die sich in Röcken nicht wohlfühlen oder sich nicht mit femininer Kleidung identifizieren können. Und umgekehrt soll es Männer geben, die liebend gern ihre Persönlichkeit zeigen würden - in einem Rock. Eine Airline hat genau das jetzt verstanden: Virgin Atlantic ist die erste, die ihren Mitarbeitenden frei stellt, welche Arbeitskluft sie wählen - unabhängig von ihrem Geschlecht. Das Kabinenpersonal, die Piloten, die Crew am Boden, sie alle haben künftig "die Möglichkeit zu wählen, welche unserer Uniformen sie am besten repräsentiert", twitterte Virgin Atlantic.

In welchem der wein- und kaminroten Designs der Moderebellin Vivienne Westwood Mitarbeitende künftig die Kabine betreten, ist nicht mehr an ihr biologisches Geschlecht oder ihre sexuellen Identität geknüpft. Hat Mann Bock auf Rock, darf er so zur Arbeit erscheinen. Und findet Frau Hose praktischer, dann ist das auch okay. Und vor allem: schlau, denn wer sich optisch wohlfühlt, liefert auch bessere Arbeit ab.

Auch die Flugtickets sollen künftig genderneutral gebucht werden können

Künftig sollen die Mitarbeitenden außerdem ihre Pronomen auf ihren Namensschildern angeben können - sprich den Flugreisenden zeigen, ob sie mit "Herr" oder "Frau" angesprochen werden möchten. Die Gäste selbst sollen in Zukunft ebenfalls ihre Flugtickets genderneutral buchen können.

Bislang haben Inklusion und Individualität an Bord meist keinen Platz. Besonders Frauen leiden unter Geschlechterklischees. Zu kräftig, zu tätowiert, zu klein, zu viele Ohrringe, zu bunter Nagellack - die anderen Airlines achten penibel auf die Optik ihrer Mitarbeitenden. In der mehrmonatigen Ausbildung lernen weibliche Anwärterinnen, sich zu schminken, ihr Gesicht zu pflegen, üben es, ihr Halsband zu knoten und ihre Haare zu frisieren. Wer Teil der Crew sein will, muss makellos aussehen. Die Make-up-Pflicht hat Virgin Atlantic schon vor drei Jahren abgeschafft. Warum auch nicht? Der Job des Bordpersonals lautet schließlich nicht, gut auszusehen, sondern: Zehntausende Meter über dem Boden für Sicherheit zu sorgen. Wie sie das tun, ist doch letztendlich Jacke wie Hose.

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