Süddeutsche Zeitung

Abgang des Geschäftskundenvorstands:Der Siemens-Skandal erreicht die Telekom

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Der Korruptionsskandal bei Siemens fordert ein weiteres prominentes Opfer: Die Deutsche Telekom trennt sich nach eigenen Angaben von ihrem Vorstandsmitglied Lothar Pauly. Der frühere Siemens-Manager soll von dem Korruptionsskandal bei dem Münchner Elektrokonzern gewusst haben, doch sein Anwalt dementiert.

Caspar Dohmen und Claus Ott

Am Donnerstag musste Vorstandsmitglied Lothar Pauly den Telefon- und Internetkonzern verlassen. Pauly hatte bei Siemens Karriere in der Sparte Telekommunikation gemacht, die im Mittelpunkt des Schmiergeldskandals steht.

Pauly soll angeblich von Zahlungen gewusst haben, was sein Anwalt aber bestreitet.

Die Telekom teilte offiziell mit, Pauly habe den Aufsichtsrat des Konzerns gebeten, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden.

Aus Konzernkreisen verlautete aber, die Initiative zur Trennung sei von der Telekom ausgegangen. Treibende Kraft sei Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel gewesen, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post AG.

Saubere Verhältnisse

Zumwinkel habe saubere Verhältnisse gewollt und in den vergangenen Tagen mit Pauly und mehreren Telekom-Aufsichtsräten gesprochen.

Zumwinkel habe Pauly schließlich dazu gebracht, von sich aus zu gehen. Die Ablösung solle aber keine Vorverurteilung sein, hieß es aus Konzernkreisen.

Das Unternehmen habe keine neuen Erkenntnisse über die Rolle Paulys bei Siemens. Allerdings ist die Telekom derzeit bemüht, weiteren Imageschaden zu vermeiden.

Seit Monaten in den Schlagzeilen

Der Konzern steht seit Monaten in den Schlagzeilen, ob mit Serviceproblemen, der Kündigungswelle der Kunden, anhaltenden Streiks oder den Dopinggeständnissen gesponserter Radsportler.

Pauly war bei Siemens im April 2000 in den Vorstand der Mobilfunk-Sparte aufgerückt und im Oktober 2004 Chef des neuen Bereichs Telekommunikation (Com) geworden, ehe er im Oktober 2005 zur Telekom wechselte.

In den Siemens-Bereichen Mobilfunk und Com ist nach Erkenntnissen der Münchner Staatsanwaltschaft und von Siemens selbst in großem Stil weltweit Schmiergeld gezahlt worden, um Aufträge zu bekommen.

Beschuldigte sagen aus

Das haben zahlreiche Beschuldigte der Staatsanwaltschaft gestanden. Einige dieser Beschuldigten sagten aus, Pauly sei über schwarze Kassen und Schmiergeldzahlungen informiert oder sogar daran beteiligt gewesen.

Paulys Anwalt Kurt Kiethe wies die Anschuldigungen zurück. Sein Mandant habe von solchen Vorgängen nichts gewusst; er sei unschuldig. Allerdings ließen sowohl Pauly als auch sein Anwalt offen, ob bereits Ermittlungen aufgenommen wurden. Die Münchner Staatsanwaltschaft äußerte sich dazu bisher ebenfalls nicht.

Rücktritte

Bei Siemens war im Zuge des Skandals vor sechs Wochen Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer zurückgetreten. Der Vorstandschef Klaus Kleinfeld scheidet demnächst aus.

Gegen beide wird allerdings nicht ermittelt. Außerdem haben weitere Spitzenmanager, die zu den Beschuldigten zählen, ihren Job verloren. Dazu gehören ein amtierender und ein ehemaliger Vorstand von Siemens.

Für T-Systems zuständig

Pauly war bei der Telekom für die Großkundensparte T-Systems zuständig gewesen. Diese Aufgabe übernimmt Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick kommissarisch.

Die von Pauly betreuten Kunden laufen der Telekom in Deutschland in Scharen davon. Der Inlandsumsatz in dieser Sparte sank im ersten Quartal 2006 um 16 Prozent. Das Geschäftsfeld gilt als Sanierungsfall. Derzeit sucht die Telekom einen Partner für T-Systems.

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Quelle:
SZ vom 01.06.07
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