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Stilblog Modezirkus: Lederjacken:Kluft für Rebellen

Lesezeit: 3 min

Lederjacken tragen heute auch Kinder und Omis. Wer in der Masse der Nullachtfünfzehn-Rocker nicht untergehen will, braucht Mut zur Extravaganz. Mit welcher Farbe, Form und Kombination Sie herausstechen.

Von Felicitas Kock

Kann ich das tragen? Wie sieht die perfekte kurze Hose aus? Und was genau bedeutet eigentlich Ethno-Look? Im Modezirkus, dem Stilblog auf Süddeutsche.de, greifen wir aktuelle Trends und klassische Fragen zur richtigen Kleiderwahl auf und erklären, worauf zu achten, was zu vermeiden ist.

Sie haben es wahrscheinlich geahnt: Die Zeiten, in denen Menschen allein durch das Tragen einer Lederjacke auf ihre grundsätzliche Einstellung zum Leben verweisen konnten, sind lange vorbei. Wer sich in den vergangenen Jahrzehnten in Leder hüllte, war Rockstar, Punk, Gangmitglied - auf jeden Fall aber unglaublich cool, unabhängig und zumindest ein bisschen gefährlich. "Danger girls love leather jackets", sang Elton John im Jahr 1986. Und er hatte Recht.

Heute ist das anders. Die Lederkluft ist nicht mehr gefährlichen Mädchen und Jungs vorbehalten, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Vom Baby modisch versierter Eltern bis zur trendbewussten Omi steckt in deutschen Fußgängerzonen fast jeder Zweite im Danny-Zuko-Gedächtnis-Outfit (für alle, die sich nicht mehr erinnern: So hieß der lederbejackte John Travolta in der Verfilmung des "Grease"-Musicals aus dem Jahr 1978). Was einst die Klamotte der Rebellion, ist heute die Oberbekleidung der Massen. Es gibt sogar Lederjacken von Peter Hahn. Da stellt sich die Frage, wie man die Teile noch tragen kann, ohne im Meer der Möchtegernrocker unterzugehen.

Die Farbe

Früher war die Differenzierung klar: Piloten und Abenteurer trugen braun, Marlon-Brando-Jünger, Rockstars und solche, die es werden wollten, schwarz. In Zeiten, in denen es Lederjacken auch in Altrosa gibt, muss man umdenken. Den aktuellen Trend kennt Modebloggerin Jana Windoffer: "Vor vier, fünf Jahren sind alle in braunen Jacken rumgelaufen - heute dominiert ganz klar schwarz."

Wer sich abgrenzen will, kann zwar zu besagten Stücken in Altrosa und Pastelltönen greifen. Nur: In einer zartbunten Lederjacke unabhängig und gefährlich zu wirken, ist nahezu unmöglich. "Sehr cool und clean", sagt Windoffer, können dagegen Modelle in Weißtönen aussehen. "Weiße Hose, weißes Shirt, weiße Jacke, weiße Tasche, das passt gerade im Sommer sehr gut." Wer sich wirklich für dieses Kontrastprogramm zum schwarzen Einerlei entscheidet, sollte jedoch bedenken, dass weiße Lederjacken schnell billig wirken können - und man gegebenenfalls ein paar Euro mehr investieren muss.

Die Form

Kurz, kürzer, Lederjacke, scheint zurzeit die Devise zu sein. Am häufigsten ist der Biker-Stil mit diagonal über der Brust verlaufendem Reißverschluss. Auch Lederblousons mit Bund liegen im Trend. Wer sich für ein deutlich längeres Modell entscheidet, das über den Po reicht, kann hier mit wenig Tamtam einen individuellen Akzent setzen.

Eine Frage, die beim Lederjackenkauf viele bewegt: Muss ich das Teil vorne zumachen können? "Nein", sagt Jana Windoffer, "das ist zwar praktisch, aber kein ausschlaggebender Faktor." Wer also im Kaufhaus vor dem Spiegel steht und sich gedanklich von der Jacke seiner Träume verabschiedet, weil beim Schließen Presswurstalarm ausgelöst wird, der kann den Reißverschluss wieder öffnen, tief durchatmen und sich sagen: Lederjackenträger sind cool genug, jede steife Brise zu ertragen, auch wenn sie ungebremst auf dünnen T-Shirt-Stoff trifft.

Die Kombinationsmöglichkeiten

Kombinieren lässt sich eine Lederjacke mit fast allem. Ein schöner Stilbruch ergibt sich im Zusammenspiel mit einem Blümchenkleid. Schwarze Strumpfhosen und Stiefel dazu lassen die Trägerin gleich draufgängerischer wirken als Omi-Normal-Lederjackenträgerin. Und wer sich stattdessen für ein edles Kleid in Kombination mit High Heels entscheidet, schafft mit der richtigen Lederjacke einen besonders eleganten Auftritt.

Bei kurzen Modellen sollte die Trägerin darauf achten, dass Shirt, Pullover oder Cardigan nicht ellenlang unter dem Jackensaum heraushängen. Das lässt die Proportionen schnell merkwürdig aussehen.

Was in diesem Sommer nicht mehr geht, sind übrigens Lederärmel an Stoffjacken. "Das hatte man zwei Jahre lang, aber jetzt ist die Sache wirklich gelaufen", sagt Jana Windoffer. Immer noch gern gesehen sind dagegen Fransen und Nieten. Werden diese besonders stark betont, die Ärmel etwa mit extrem langen Fransen, die Schultern mit extrem vielen Nieten bestückt, lässt das auch das Rebellenherz höher schlagen. Hauptsache, es sieht anders aus als beim Rest der Fußgängerzonenflaneure.

Wissen auch Sie nicht recht, wie mit einem bestimmten Trend umzugehen ist oder haben eine konkrete Frage? Schreiben Sie uns an leben@sz.de - Betreff: Modezirkus.

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