Süddeutsche Zeitung

Kolumne: Ladies & Gentlemen:Mutter-Kind-Kur

Lesezeit: 2 min

Wenn ein Familienmitglied in der Patsche sitzt, müssen die anderen erst recht bella figura machen: Barbara und Elias Becker auf dem rot-grünen Teppich.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Harmonie wird überbewertet!

Wenn der Mann, dessen Namen man trägt, sich plötzlich hinter Gittern befindet, dann ist natürlich Schadensbegrenzung angesagt. Dann muss man erhobenen Hauptes raus auf die roten Teppiche! Barbara Becker, mit Bobbele ja eigentlich nur noch durch die gemeinsamen Kinder verbunden, ergriff diese Woche die Gelegenheit und zeigte sich auf dem Green Carpet des Green Awards während des Green Tech Festivals. Ganz schön viel Grün! Aber ja perfekt für das erhobene Haupt, weil für die gute Sache. Thematisch machte sie das hervorragend, ihre Robe schien jedenfalls aus biologisch abbaubarem Leinen geschneidert zu sein. Eine schöne Frau kann bekanntlich nichts entstellen, auch nicht das verknitterte Rockteil, denn Knittern ist nun mal die Lieblingsbeschäftigung von Leinen. Aber wieso hatte sie einen toten Vogel vor der Brust? Ach so, das ist ein achtsames decoration piece aus Naturmaterialien, das die weiße, schlichte Bustier-Robe wortwörtlich als Leinwand benutzt. Eine Brust-Deko, die sich harmonischer in die Farbwelt einfügt, wäre eleganter, aber ganz sicher nicht interessanter gewesen - und die bunten Armreife, immerhin das Gegenteil von Blutdiamanten, sind eine lustige Idee. Es herrscht ja looktechnisch sowieso viel zu viel professionell gestylte Perfektion auf den Red Carpets! Dabei ist Harmonie überbewertet, familiär und modisch. Keiner weiß das besser als Barbara Becker, und deswegen wird sie immer eine der bestangezogenen Frauen Deutschlands sein. Aber sie lebt ja auch meistens in Miami.

Für ihn: Altersgerecht angezogen

Boris Becker mag in seinem Leben mancherlei verabsäumt haben, vor allem ein paar steuerrechtlich relevante Dinge, aber er hat auch manches erledigt, das viele nicht mehr schaffen werden. Zum Beispiel Wimbledon zu gewinnen oder ausnahmslos hübsche Nachkommen zu zeugen. Wie alle seine vier Kinder sieht auch sein Sohn Elias aus, als wäre er aus einem Ufo gefallen, aber eben im attraktiven Sinne - Haar, Mund und Augen, alles sehr interessant. Sein Outfit, wenn er mit Mama auf die Piste geht, ist hingegen solider Generation-Z-Durchschnitt. Die Kleidungsformel dieser Jugend lässt sich ja vielleicht mit "im Detail prätentiös, insgesamt aber egal" zusammenfassen, und womöglich könnte das auch als universales Generationsmotto durchgehen. Man weiß jedenfalls als flüchtiger Betrachter nie, ob man Zeuge einer aktiven Verweigerungshaltung oder einer passiven Wurschtigkeit ist. Hier also eine Art Smoking, getragen im Baggy-Style und ohne die üblichen Begleiterscheinungen eines Smokings (Fliege, Kummerbund oder Gürtel, Lackschuhe etc.), was dieses Kleidungsstück auf dramatische Weise banalisiert. Die Jacke klafft weit auf, das Hemd mit seinem irisierenden Schimmer ist dafür eng hochgeschlossen. Die Generation Y hätte es vermutlich noch umgekehrt gehalten: Hemd aufgeknöpft, dafür Jackenknopf zu. Die latschigen Canvas-Sneakers im Camouflage-Print sprechen hingegen eine altbekannte, zeitlose Botschaft aller jungen Männer mit Zottelhintergrund: "War halt nix anderes da, außerdem kommt Timo nachher noch zum Skaten vorbei." Manches ändert sich nie.

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