Süddeutsche Zeitung

Ladies & Gentlemen:The French Connection

Lesezeit: 2 min

Aussehen wie die eigenen Bodyguards: Das Ehepaar Macron irritierte beim Spaziergang durch London mit seinem coolen Look. Aber was gibt's daran eigentlich auszusetzen?

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Cool Cat: Brigitte Macron

Dürfen wir vorstellen? Macron, Brigitte Macron, in London, einen Tag vor der Trauerfeier für die Queen. Aussehen wie die Bodyguards der eigenen Bodyguards, das ist eine Partnerlook-Königsdisziplin. Dafür braucht man Sonnenbrillen, Jacken mit Country-Club-Mitarbeiter-Anwandlung, und, natürlich: Turnschuhe. Genau die waren Anlass eines veritablen Online-Shitstorms, weil die Moralpolizei sie als Respektlosigkeit gegenüber der Queen empfand. So als müsse man schon auf der Reise Trauer an den Füßen tragen. Online-Shitstorms sind im wahren Leben völlig egal, aber dieser hier beweist, dass Schuhe im Allgemeinen wohl als Gradmesser von Respekt wahrgenommen werden. Umso wunderlicher also, dass sich die digitalen Betschwestern überhaupt nicht mit dem Schuhwerk der anderen Trauergäste am offiziellen Beerdigungstag auseinandersetzten. Man sah da jede Menge sehr hohe schwarze Stilettos im Melania-Trump-Stil, und zwar an sehr royalen Füßen: an denen von Prinzessin Catherine zum Beispiel. Oder an denen von Herzogin Meghan, die damit die eigentliche Absicht ihres etwas zu modischen Capes unterstrich, in einem Werbespot für angeblich edle Haselnusspralinen oder spanischen Supermarktsekt zu landen, wo reiche Frauen ja immer so verkleidet aussehen. Früher waren die Royals für ihr bodenständiges Schuhwerk berühmt, das jeden Unsittlichkeitsverdacht im Keim erstickte (Camilla zieht das noch durch). Bei der Trauerfeier selbst war Brigitte Macrons Look übrigens gar nicht salopp, sondern genau richtig. Sie also bitte in Ruhe lassen.

Badass-Bohemian: Emmanuel Macron

Auf Twitter war zu diesem Bild des Ehepaars Macron ein treffendes Bonmot zu lesen: "Sieht aus, als hätten sie die Beerdigung der Queen mit der Beerdigung von Godard verwechselt." Tatsächlich kommen einem beim Anblick von Emmanuel Macron filmische Referenzen in den Sinn, etwa in Richtung eines leichten Belmondo oder noch passender, des mittleren Jean-Louis Trintignant. Woran liegt das? Zum einen natürlich an der spitzbübisch-kernigen Männlichkeit, die der französische Präsident bekanntlich ausstrahlt. Unterstrichen wird sie bei diesem Spaziergang an der Themse durch den unkonventionell streng gebundenen dunklen Schal in Kombination mit einer, pardon, echten Badass-Sonnenbrille. Kein Brite, schon gar kein britischer Politiker würde seinen Anzug auf diese Art und Weise veredeln, erst recht nicht bei so einem Anlass. Wahrscheinlich gab es deshalb öffentlich geäußerte Irritationen über einen zu casual geratenen Antritt am Tag vor der Beisetzung. Aber Boheme ist eben immer noch ein französisches Wort, und was lässt sich gegen dieses gelungene kleine Rollenspiel der beiden denn eigentlich einwenden? Sie sehen einfach nur aus, als hätten sie irgendwo einen Fluchtwagen geparkt. Allenfalls justiziabler Natur waren die Edel-Sneakers, die sogar in Frankreich Unmut erregten. In der Tat - die leichten Schuhe des renommierten französischen Schuhmachers J. M. Weston (570 Euro) tun dem Outfit nichts wirklich Gutes und hätten der seligen Queen wahrscheinlich missfallen. Aber sie hätte sich auch, wie üblich, nichts anmerken lassen.

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