Süddeutsche Zeitung

Badezusatz:Wonne in der Wanne

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Endlich Herbstzeit, Zeit für die Badewanne. Jetzt braucht es nur noch den passenden Zusatz zur Entspannung. Aber wieso haben Badesalze eigentlich so unfassbar behämmerte Namen?

Von Hilmar Klute

Endlich Herbstzeit, Zeit für private Stunden in der Badewanne. Dafür braucht man allerdings den passenden Zusatz. Aber ist ein Badesalz wie "Lass dich nicht hängen" wirklich hilfreich? Eine Quellkritik.

Weil es jetzt allmählich kälter wird, findet das Wannenbad immer mehr Freunde. Es ist leicht herstellbar, man benötigt nur eine ausgewogene Menge heißen und kalten Wassers, um sich nicht die Haut zu verbrennen oder im Zuge einer Kreislaufschwäche abzusaufen. Frieren will man auch nicht, also: Ein ungefähres Verhältnis von sechzig heiß zu vierzig kalt müsste hinhauen.

Wannenbäder gelten aber nur dann als abgerundete Erlebnisbäder, wenn sie mit Badesalzen oder flüssigen Zusätzen angereichert werden, und hier lohnt ein Blick in die jüngere Geschichte dieser hübschen Privatkultur. In den Siebziger- und Achtzigerjahren fanden die meisten Menschen, Schaumzusätze seien die Könige unter den Bädern: Riesige weiße Schaumzipfel ragten aus der Wanne, die Essenz hieß ein wenig autoritär "badedas" und war überall erhältlich, wo es badedas gab.

In späteren Jahren setzte man sich in Granulatbäder, die orangefarbenes oder kaliumpermanganatblaues Wasser als Ausdruck von Wohlbefinden erzeugten. Natürlich arbeiteten fleißige Hände an der Veredelung der Salze, und was wir heute in unsere Wannen rieseln lassen, sind medizinisch und therapeutisch erstklassige Wellness-Produkte. Sie sind toll, weil sie gut riechen; sie sind prima, weil sie die Seele mit den ganzen anderen Sachen in Einklang bringen. Aber sie sind eigentlich nicht vermittelbar, weil sie unfassbar behämmerte Namen haben.

"Willst du mit mir baden gehen?"

Im Sortiment der Badekristalle findet man zwar immer noch mehr oder weniger sachliche Produktnamen wie Ayurvedabad oder Erkältungsbad, daran kann man sich als Kunde gut orientieren. Auch die Aussicht, "Muskeln und Gelenke" mit den Zusätzen zu fördern, ist eher erfreulich als peinlich. Nicht gut orientieren kann man sich an Badesalzen, die "Lass dich nicht hängen" heißen. Wenn man dieses Tütchen kauft, heißt es ja, dass man normalerweise zu Resignation und Jammerei neigt, und das Badesalz ist dann mehr eine Verwarnung als ein Pflegeprodukt. Das kann man also schon mal nicht kaufen. Auch mit dem Badesalz "Ich hab dich lieb" lässt es sich unmöglich schamfrei zur Kasse gehen. Wie sieht das bitte aus? Man reicht der Kassiererin ein Kassiber mit einer Annäherungsbotschaft!

Mit den Badezusätzen und ihren zudringlichen Botschaften ist es heute ein bisschen wie mit den Kondomen in den Achtzigerjahren; damals empfand man es auch als delikaten Einblick ins Privatleben, wenn man die Packungen an der Kasse hinlegte. Aber die Badezusätze sind viel schlimmer. Sie enthalten nicht nur Pflegeessenzen, sondern auch emotionale Zusatzstoffe: "Willst du mit mir baden gehen?"

Ob es Leute gibt, die das Werben um eine andere Person mit der Aushändigung eines Tütchens so beschrifteten Badesalzes abkürzen wollen? Jemand, der Badesalz mit der Aufschrift "Halt die Ohren steif" kauft, will sich entweder Mut machen oder ihm sind die Sprüche egal. "Alles wird gut", "schön, dass es dich gibt." Apropos gibt. Gibt es eigentlich - vielleicht von tetesept - auch: "Halt den Rand?"

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Quelle:
SZ vom 07.11.2015
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