Süddeutsche Zeitung

WM-Qualifikation:"Da muss auch was kommen"

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Das Russland-Spiel könnte für die DFB-Elf richtungsweisend werden: für die sportlichen Qualifikationsaussichten, aber auch für die interne Hierarchie.

Johannes Aumüller, Düsseldorf

Die moderne Fußball-Welt hat die Sprache um einige Begriffe bereichert, sie andererseits auch um einige reduziert. Den Libero gibt es nicht mehr, den Vorstopper ebenso wenig, und neuerdings hat auch der Stammplatz seine Daseinsberechtigung in den Lexika verloren. Beim FC Bayern gibt Jürgen Klinsmann keine Einsatzgarantien mehr, und in der von ihm bis zur WM 2006 gecoachten Nationalelf sieht es ähnlich aus. Bundestrainer Joachim Löw jedenfalls verkündete, dass bei ihm keiner mehr einen Stammplatz habe - Führungsspieler wie Kapitän Ballack eingeschlossen.

Entsprechend tappen die Journalisten, aber auch die DFB-Auswahlspieler selbst, ziemlich im Dunkeln, was die Aufstellung fürs Qualifikationsspiel gegen Russland (Samstag, 20.45 Uhr, in Dortmund) angeht. Daran hat auch nichts geändert, dass der Hannoveraner Robert Enke, der in den vergangenen drei Länderspielen von Beginn an das Tor der deutschen Elf hütete, im Training eine Kahnbeinverletzung erlitt und mehrere Wochen pausieren muss. Die naheliegendere Konsequenz wäre zwar ein Einsatz von Leverkusens René Adler, doch das wollte am Donnerstag noch niemand bestätigen. Mittelfeldspieler Torsten Frings sagte gar auf der Pressekonferenz zu den Journalisten: "Noch hat der Trainer uns nicht darüber unterrichtet, wer spielt. Wahrscheinlich ist es für uns genau so überraschend wie für euch."

Nun ist es vielleicht wenig überraschend, dass sich der Bremer Frings nicht gegen seinen Teamkollegen Tim Wiese aussprechen wollte, aber auch Berlins Verteidiger Arne Friedrich blieb ziemlich vage: "Ich habe absolutes Vertrauen in die Torhüter, die zur Verfügung stehen." Jedenfalls hütet in dem richtungsweisenden Qualifikationsspiel gegen den mutmaßlich stärksten Gruppengegner Russland ein Länderspiel-unerfahrener Mann das deutsche Gehäuse. Sowohl Adler als auch Wiese haben bisher keine Partien für die DFB-Auswahl bestritten. Ein weiterer Torhüter wird nicht nachnominiert.

Torsten Frings selbst steht wiederum im Mittelpunkt der nächsten offenen Personalie, denn auch die Mittelfeld-Besetzung ist noch ungewiss. Sollte der lange verletzte, aber mittlerweile wieder fitte und nach drei Spielen Pause in den Nationalmannschaftskader zurückgekehrte Frings nicht zum Einsatz kommen, wäre das auch ein endgültiger Hinweis auf neue Hierarchien in der Mannschaft. Der früher als unumstritten geltende Mittelfeldspieler gab sich zu diesem Thema auch etwas bissig: "Es ist immer so, dass junge Spieler irgendwann einmal nachkommen wollen. Aber da muss auch mal was kommen und nicht nur durchs Reden."

Dieses Zitat ließ sich durchaus als Seitenhieb auf seine Kontrahenten im defensiven Mittelfeld, Thomas Hitzlsperger und Simon Rolfes, werten. Seit dieses Duo bei Deutschlands 3:2-EM-Sieg über Portugal als Doppel-Sechs vor der Abwehr überzeugte, gilt es mindestens mittelfristig als Nachfolge-Tandem für Frings und Ballack. Doch aus der mittelfristigen Perspektive könnte auch schnell eine kurzfristige werden. Beide machen sich nun Hoffnungen, gegen Russland von Beginn an zu spielen. Zumal Bundestrainer Löw erklärte: "Ich will von jedem Spieler sehen, dass er körperlich und mental für dieses Spiel bereit ist, sonst wird er nicht spielen." Und in Sachen körperlicher Fitness hat Frings sicherlich Rückstand gegenüber seinen Konkurrenten.

Auch im Angriff ist nach den jüngsten Bundesliga-Eindrücken offenbar eine Position offen. Löw verkündete schon, dass in seinen Planungen der Neu-Leverkusener Helmes (sieben Treffer in sieben Bundesliga-Spielen) eine wichtige Rolle spiele. Läuft Deutschland am Samstagabend etwa mit dem Sturmduo Klose/Helmes auf? "Ich fühle mich jedenfalls topfit und bin bereit", sagte Helmes.

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