Süddeutsche Zeitung

Vorwürfe im Schwimmen:Verband ignorant

Lesezeit: 1 min

Ein weiterer Rückschlag im internationalen Kampf gegen Doping im Spitzensport: Drei Mitglieder der Anti-Doping-Kommission im Schwimm-Weltverband Fina werfen hin. Die eigenen Chefs sind ihnen zu lasch.

Von Claudio Catuogno, München

Der Schwimm-Weltcup des Weltverbands Fina machte am Wochenende Station in: Moskau. Nicht der schlechteste Zeitpunkt für drei Mitglieder des "Doping Control Review Boards" der Fina, darunter der Vorsitzende Prof. Andrew Pipe aus Kanada, um ihre Ämter niederzulegen - aus Empörung über die lasche Anti- Doping-Politik des eigenen Weltverbands, insbesondere beim Umgang mit der russischen Staatsdoping-Causa. In einem Brief an den Fina-Präsidenten, den 80-jährigen Uruguayer Julio Maglione, beschweren sich die Anti-Doping-Beauftragten, ihre Vorschläge, wie über die Zulassung russischer Schwimmer für die Sommerspiele in Rio befunden werden sollte, seien von den Funktionären schlicht "ignoriert" worden. Das Panel habe noch nicht einmal eine Antwort auf seine Nachfragen erhalten, heißt es in dem Schreiben, aus dem der irische Sender RTE zitiert. Die Schwimmer waren in Rio besonders im Fokus gestanden - der unabhängige Report des Ermittlers Richard McLaren zu staatlich orchestriertem Doping in Russland hatte nicht nur Manipulationen bei den Winterspielen 2014 in Sotschi thematisiert, sondern auch bei der Schwimm-WM 2015 in Kasan.

Den Biathleten ist das IOC egal: Die WM 2021 geht nach Russland

Laut RTE hatten Pipe und seine Kollegen vorgeschlagen, für die Zulassung der Russen ähnlich strenge Kriterien anzuwenden wie etwa der Welt-Ruderverband: Der ließ nur Athleten nach Rio, die wenigstens einen negativen Test bei einer "glaubwürdigen" Instanz außerhalb Russlands vorweisen konnten. Die Fina entschied hingegen, nur Athleten abzuweisen, die entweder im McLaren-Report erwähnt wurden oder die früher schon mal gesperrt waren. Letzteres Kriterium hatte IOC-Präsident Thomas Bach empfohlen, es wurde jedoch vom Sportgerichtshof Cas gekippt. Letztlich klagten sich fast alle russischen Schwimmer via Cas nach Rio, auch die umstrittene Weltmeisterin Julia Jefimowa.

Die Fina reagierte am Sonntagabend mit Bedauern, verwies aber darauf, dass sie lediglich Vorgaben des IOC und des Cas umgesetzt habe. Ohnehin scheint das Thema Russland die Verbände nicht mehr groß zu beschäftigen. So kürte die Internationale Biathlon-Union IBU am Sonntag das westsibirische Erdöl-Zentrum Tjumen zum Ausrichter der WM 2021, obwohl das IOC den Wintersport-Fachverbänden empfohlen hatte, vorerst keine Großereignisse nach Russland zu vergeben. Tjumen bekam 25 Stimmen, Pokljuka in Slowenien nur 13.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3147636
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.09.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.