Süddeutsche Zeitung

VfL Wolfsburg:Ein ungleiches Paar

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Nach dem ereignisarmen 2:0 gegen den FC Ingolstadt stimmt der VfL Wolfsburg die noch unerprobte Innenverteidigung Dante/Knoche auf die Reise zum Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League bei KAA Gent ein.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Sogar Dante hatte beste Laune, als er nach der Partie seines VfL Wolfsburg gegen den FC Ingolstadt vom Platz kam. Und das, obwohl er eine Höchststrafe hatte ertragen müssen. Beim 2:0-Sieg der Niedersachsen saß der vormalige Innenverteidiger der brasilianischen Nationalelf nicht bloß auf der Bank. Er musste sich fast die gesamte zweite Halbzeit über warmlaufen. Er wurde nicht mal eingewechselt, als sich sein Landsmann und Innenverteidiger-Kollege Naldo den Kopf aufgeschlagen und auf den kahlen Schädel einen Dieter-Hoeneß-Gedächtnis-Turban verpasst bekommen hatte.

Etwas verwunderlich war der Verzicht auf Dante schon: Die Ingolstädter, die in dieser Saison nur 14 Treffer erzielt haben, versprühten nie den Eindruck, den von Julian Draxler (29.) und Dante-Ersatz Robin Knoche (39.) erstrittenen Vorsprung egalisieren zu können. Die Gelegenheit wäre also da gewesen, Dante, 33, und Knoche, 23, zum Probepaarlauf unter Wettbewerbsbedingungen zu bitten. Denn wenn die Wolfsburger am Mittwoch bei Belgiens Meister KAA Gent ins Achtelfinale der Champions League einsteigen, kommt es auf dieses Duo an. Naldo, der Abwehrchef, ist gelbgesperrt. Und Linksfuß Dante und Rechtsfuß Knoche traten noch nie in einem Punktspiel gemeinsam auf.

Vermutlich war der Verzicht auf eine Generalprobe dem Umstand geschuldet, dass die andauernde Verunsicherung der Wolfsburger auch gegen Ingolstadt zu erkennen war. Für die Zuschauer geriet der Kick zu einer emotionsarmen Qual. Pfiffe gab's jedoch nicht so viele wie in den Spielen zuvor, was auch daran lag, dass André Schürrle erst spät eingewechselt wurde. Dafür gab es ein Transparent mit der deutlichen Auffprderung: "Reißt Euch endlich den Arsch auf." Engagement zeigten die Wolfsburger durchaus - was jedoch nur stärker betonte, wie sehr die Probleme fußballerischer Natur sind. "Es geht besser", gab Trainer Dieter Hecking zu -, auch er wusste, dass es gegen Ingolstadt vorrangig darum ging, den ersten Sieg nach fast drei Monaten Punkte zu verbuchen.

Dass zudem die Leistung von Knoche - inklusive dessen Abstaubertor - positiv auffiel, stimmte Hecking zuversichtlich: "Das hilft ihm sicherlich, zu seiner normalen Form zurückzufinden." Knoche hatte ein Dreivierteljahr aussetzen müssen (Außenbandriss im Knöchel), bei seiner Rückkehr in die Wolfsburger Startelf am Spieltag zuvor beim 0:3 auf Schalke schloss er sich der miesen Kollektivleistung an. "Es fällt einem halt nicht leicht, nach so langer Zeit ohne Spielpraxis . . .", sagte Knoche, der vor seiner Verletzung an der Schwelle zur Nationalelf gestanden hatte. Dass sein Ruf intakt blieb, konnte er im Winter feststellen. Knoche galt hinter Naldo, Dante und dem inzwischen zu Norwich City abgewanderten Timm Klose als Innenverteidiger Nummer vier und erhielt Anfragen. Der VfL lehnte einen Transfer ab. Dass Knoche bleiben sollte und wollte, lag daran, dass Wolfsburg nicht mehr viele lokale Identifikationsfiguren aus dem eigenen Nachwuchs hat. Gleichwohl: "Heute waren ein paar Situationen dabei, wo er nicht die Souveränität zeigte, die er bereits einmal hatte", sagte Hecking. Vor der Verletzung.

Auch deshalb sieht Hecking in Gent vor allem Dante in der Pflicht. "Dante muss ihn (Knoche) führen, ihn gewissermaßen an die Hand nehmen", sagte der Coach. Nur: Ist Dante dazu in der Lage? Zuletzt war der Brasilianer ein Schatten seiner selbst. Ihm fehlen Tempo und Selbstvertrauen, zudem geht er in der Spieleröffnung oft ein Risiko zu viel ein. Auch vor diesem Hintergrund hatte es eine gewisse Logik, dass den nüchternen Knoche die Frage ereilte, wer am Mittwoch die Rolle des Abwehrchefs einnehmen muss: Dante? Oder er? "Vom Alter her hat er einen kleinen Vorsprung", wich Knoche mit Blick auf fast zehn Jahre Altersunterschied aus.

Immerhin: Es dürfte der nicht eingespielte Wolfsburger Innenverteidigung zugute kommen, dass Gent mit einem wuchtigen Strafraum-Stürmer operiert: dem 1,91 Meter großen und 91 Kilo schweren Laurent Depoitre. "Man kann mit vielen langen Bällen rechnen", ahnt Knoche.

Auf die Abschlussfrage, inwiefern es einen Unterschied mache, mit Naldo oder mit Dante zu spielen, blieb er stumm. Nur einen Kontrast zwischen dem brasilianischen Kojak-Wiedergänger Naldo und dem brasilianischen Afro-Fan Dante nannte er: "Die Frisur."

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SZ vom 15.02.2016
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