Süddeutsche Zeitung

TSV 1860 München:Poschners letzter Schuss

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Der hausinterne Machtkampf beim TSV 1860 verhindert einen neuen Trainer von außen. Sogar die interne Lösung mit Torsten Fröhling gerät zur Posse. Der unter Druck geratene Sportchef Poschner hat noch einen letzten Versuch.

Kommentar von Markus Schäflein

Ein Trainer macht seine Arbeit bei der Nachwuchsmannschaft in der Regionalliga sehr gut und erfolgreich, irgendwann kommt es bei den nicht so erfolgreichen Profis zu einer Trainerentlassung, und der bewährte Übungsleiter aus dem eigenen Hause bekommt seine Chance auf der großen Bühne. Ein ganz normaler Vorgang ist das, und ein schöne Sache für den Aufsteiger. Bei fast allen Fußballvereinen der Welt. Beim TSV 1860 München haben es die Verantwortlichen geschafft, eine Posse daraus zu machen.

Torsten Fröhling tritt sein Amt unter Vorzeichen an, die mit dem Wort merkwürdig noch wohlwollend umschrieben sind. Es war ein hausinterner Machtkampf, der die Entscheidungsfähigkeit des Klubs lähmte und es unmöglich machte, sich auf einen externen Kandidaten zu einigen. Präsidium, Investor, Investorenvertreter - die Einigkeit, die sie seit dem Amtsantritt von Gerhard Mayrhofer im komplizierten Konstrukt 1860 vorübergehend hergestellt hatten, ist längst dahin. Im durchschlagenden Misserfolg der vergangenen Monate haben sich die Parteien überworfen, in erster Linie geht es dabei um die Rolle von Gerhard Poschner, dem umstrittenen Sport-Geschäftsführer.

Poschner präsentierte nun den Mann, den er ohne Zustimmung irgendwelcher Fraktionen und vor allem ohne Geldspritze präsentieren konnte - weil Fröhling als U21-Trainer bereits Angestellter der KGaA war.

Fröhling hat nun zu beweisen, was seine beiden Vorgänger nicht beweisen konnten: Dass der von Poschner ungewöhnlich zusammengestellte Kader in der Lage ist, Spiele in der zweiten Bundesliga überzeugend zu bestreiten und gar zu gewinnen. So ist aus Fröhling, dem engagierten und fachkundigen Mitarbeiter, und Poschner, seinem Chef, eine Zweckgemeinschaft zum Überleben geworden.

Torsten Fröhling tritt an und gilt schon als Notlösung, bevor er überhaupt das erste Spiel gecoacht hat. Doch so paradox es klingen mag: Die Rolle des Trainers ist durch die merkwürdigen Vorgänge vielleicht sogar gestärkt worden. Fröhling ließ zum Antritt ziemlich deutlich durchblicken, dass er sich im Gegensatz zu seinen Vorgängern in Aufstellung und Taktik von Anfang an nicht hineinreden lassen will. Poschner muss ihn nun einfach machen lassen: Fröhling ist der letzte Trainer, den er zur Verfügung hat.

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Quelle:
SZ vom 19.02.2015
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