Süddeutsche Zeitung

TSV 1860 München:Erinnerungen an Verl

Lesezeit: 2 min

Drei Spiele, keine Niederlage und sieben Zähler: Die Münchner Löwen gewinnen 2:1 in Zwickau - und freuen sich über den besten Saisonstart seit Langem. Trotzdem stehen zwei Aufsteiger in der Tabelle noch vor den Sechzgern.

Von Markus Schäflein

Investor Hasan Ismaik gratulierte über Facebook, er teilte mit: "Ich kann mich an keinen besseren Saisonbeginn erinnern." Das kann man ihm nicht verübeln, denn einen besseren Start gab es beim TSV 1860 München ja letztmals in der Zweitliga-Spielzeit 2007/08, als der Trainer Marco Kurz hieß, als der Mittelfeldspieler Daniel Bierofka gerade vom VfB Stuttgart zurückgekehrt und der SC Verl lediglich ein Erstrundengegner im DFB-Pokal war. Da Ismaik 2007 längst noch nicht bei den Löwen investierte, liegt es nahe, dass er sich an keinen besseren Auftakt erinnern kann; selbst in der Regionalliga-Meistersaison 2017/18 unter dem Trainer Bierofka standen nach drei Spieltagen ja lediglich sechs Punkte auf dem Konto, dieses Drittliga-Jahr unter seinem Nachfolger Michael Köllner sind es nach dem 2:1 (1:1)-Auswärtssieg beim FSV Zwickau sieben.

Ob es auch sieben wären, wenn sich Schiedsrichter Lars Erbst in der 56. Minute beim Stand von 1:1 anders entschieden hätte, weiß man freilich nicht. 1860-Innenverteidiger Quirin Moll und der Zwickauer Maximilian Wolfram gingen im Strafraum zu Boden. "Das war ganz klar ein Elfmeter, das war ganz klar eine rote Karte für Moll", sagte FSV-Trainer Joe Enochs bei Magenta Sport: "Okay, das war das erste Drittliga-Spiel des Schiedsrichters, da hätte er mehr Mut haben müssen."

Dass es da 1:1 stand, lag an den beiden Sturm-Routiniers. Schon nach 37 Sekunden traf Sascha Mölders, 35, auf Zuspiel von Stefan Lex zur Sechzig-Führung, auf der Gegenseite glich Ronny König, 37, nach Flanke per Kopf aus (9.). Felix Drinkuth hatte sich durchgesetzt gegen Dennis Erdmann, der diesmal im defensiven Mittelfeld den Vorzug vor Daniel Wein erhalten hatte. "Leider haben wir schon relativ früh das 1:1 erwischt. Aber wir konnten uns wieder fangen, haben kein richtiges Powerplay aushalten müssen", sagte 1860-Trainer Michael Köllner.

Die Partie bleib intensiv und wogte hin und her. "Das war eine hohe kämpferische Leistung", fand Köllner: "Wir haben verdient gewonnen, weil wir in den entscheidenden Momenten besser waren." Zum Beispiel beim Siegtreffer - "ein richtig schöner Spielzug, richtig gut durchkombiniert". Diesen erzielten die Löwen kurz nach der strittigen Strafraum-Szene. Richard Neudecker, ebenfalls neu in der Startelf, passte auf Marius Willsch, dessen Hereingabe von der rechten Seite drückte Dennis Dressel ins Tor (62.). Dann benötigte der TSV noch zwei Paraden seines Torhüters Marco Hiller: bei einem Drehschuss von König (68.) und bei einem Heber des eingewechselten Dustin Willms im Eins-gegen-eins (83.). Da hätte der Ausflug noch schief gehen können. "Hier in Zwickau musst du 90 Minuten anpressen", stellte Köllner fest. "Mein Ziel war schon, dass wir hier nicht ein 1:1 oder 2:2 mitnehmen."

Mehr als ein Remis soll auch am Samstag (14 Uhr) im Grünwalder Stadion gegen Lübeck gelingen. Köllner hofft, dass auch in München bald mal wieder Zuschauer kommen dürfen - in Zwickau waren 3600 Heimfans anwesend: "Das hat man gemerkt. Es war gleich ein ganz anderes Fußballspiel, wenn Emotionen dabei sind, wenn du von der Tribüne den einen oder anderen Kommentar erntest."

Der Trainer hatte vor der Partie seinen Vertrag bis 2022 verlängert; in dieser oder der nächsten Saison soll es mit dem Aufstieg klappen. "So ein Verein gehört mittelfristig schon die zweite Liga", sagte er. "Nachdem ich Bundesliga und zweite Liga trainiert habe, sehe ich es so, dass ich nicht dauerhaft mit Sechzig in der dritten Liga bleiben will." Er glaube, "dass wir uns mittelfristig gut nach oben bewegen können".

Oben in der Tabelle sind derzeit, punktgleich mit den Löwen, zwei Aufsteiger: der 1. FC Saarbrücken - und jener SC Verl, der 2007/08 noch lediglich ein Erstrundengegner im DFB-Pokal war. Damals gewannen die Löwen 3:0, durch drei Tore von Antonio Di Salvo. Am Ende der Saison landeten sie trotz ihres geglückten Starts übrigens nur auf Rang elf. Also muss man sich an die Saison tatsächlich nicht zwingend erinnern können.

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SZ vom 05.10.2020
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