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Tennis:Österreichs Tennis-Talent Thiem: "Versprechen für etwas Großes"

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Er schlug David Ferrer und Rafel Nadal und ist auf dem Weg in die Top Ten der Welt. Dominic Thiem ist in Österreich bereits mit 22 Jahren Volksheld.

Von Gerald Kleffmann, Guimarães/München

Es sind spezielle Tage, die Dominic Thiem gerade erlebt, schon optisch. Am Wochenende gönnte sich der 22-Jährige einen Spaß und zog zu einer Siegerehrung das mexikanische Fußballnationaltrikot an, einen Sombrero noch dazu. Tags darauf, wieder in Wien, erschien er im Jersey des FC Chelsea, er liebt dieses Team. Der Premier-League-Klub hat ihm daraufhin gratuliert und im Internet eine Eloge auf den Tennisprofi verfasst. "Wenn du als 20. im Ranking in die Saison startest und nach zwei Monaten 14. bist, sagt das alles über seine Qualität aus", so kommentierte Davis-Cup-Kapitän Stefan Koubek nun Thiems Jahresbilanz, die er ihm selbst in Guimarães übermitteln kann. Österreich kämpft in Portugal ab Freitag um den Anschluss an die Weltgruppe. Der neue Volksheld soll das Comeback der Alpenrepublik ermöglichen.

Die Besten trifft er nun öfter: Er übte mit Federer und Djokovic, er besiegte Nadal und Ferrer

Tatsächlich ist Thiem viel zuzutrauen. Er durchlebt das, was man einen Lauf nennt. Bei der Siegerehrung in Acapulco handelte es sich um die eigene, es war seine zweite 2016 und bislang außergewöhnlichste. Noch nie gewann er ein Turnier der 500er Kategorie; 500 Punkte erhält der Sieger, nur bei den 1000ern, den neun Wettbewerben der Masters-Serie, sowie den Grand Slams (2000) werden mehr verteilt. Als "eine Momentaufnahme" wertet Thiem den bis dato größten Erfolg seiner Karriere und unterschlägt mit der ihm eigenen Zurückhaltung, dass es sich um eine ziemlich lange Momentaufnahme handelt.

Vor Acapulco stand er in Rio im Halbfinale und hatte auf dem Weg dorthin den spanischen Weltklassemann David Ferrer 6:3, 6:2 beherrscht. Vor Rio gewann er das Finale in Buenos Aires und hatte auf dem Weg dorthin den 14-maligen Grand-Slam-Champion Rafael Nadal nach Abwehr eines Matchballs besiegt. Davor, in der Saison 2015, triumphierte er in Nizza, Umag und Gstaad. Rang 14 in der Weltrangliste ist die Folge, wie auch seine Erkenntnis: "Jetzt müssen endgültig gute Ergebnisse aus den Masters und bei den Grand Slams her. Wenn ich das schaffe, dann sollten die Top Ten auf jeden Fall möglich sein."

In Südamerika hat Thiem bewiesen, dass er das Lob, ein "Versprechen für etwas Großes" zu sein, rechtfertigen kann; so umschrieb ihn Trainer Günter Bresnik. Der 54-Jährige hat Thiem als Junior übernommen, er schwärmt vom Trainingsfleiß, vom Willen Thiems, der aber - und das ist eine Gabe, die man haben muss - auch die angestrebten Entwicklungsschritte Jahr für Jahr schreiten kann.

Die nächste Aufgabenstellung ist ja klar: Er soll lernen zu spielen wie die Besten. Dabei hilft ihm, dass er viel spielt - mit den Besten. Als Sparringspartner wird er oft gebucht, vor einem Jahr traf er Roger Federer zu intensiven Schichten. In Melbourne stimmte sich Novak Djokovic mit Thiem ein - in der zweiten Woche, als sich der Serbe dem Finale näherte. Und: Je weiter Thiem bei Turnieren kommt, desto öfter trifft er auf Top-Profis.

"Nach einem Turniersieg ist man nie ausgebrannt"

Thiem ist in einer Spirale, in der er zwangsläufig besser wird. Er gewöhnt sich an das Tempo, an zähe Ballwechsel, an effizienteres Positionsspiel. "Du siehst so viele Aspekte, die du während Matches nicht siehst", weiß er. Neigte er dazu, zu weit hinter der Grundlinie zu agieren, rückt er nun öfter auf, ist präsenter. Sein Return ist verlässlicher, sein Aufschlag variabler. Wie bei Djokovic, seitdem der Weltranglisten-erste mit Boris Becker arbeitet. Selbst an schlechten Tagen hält Thiem das Niveau hoch, wie im Finale in Buenos Aires. Eine Kunst, die die Besten auszeichnet.

Bresnik weiß, wie man Karrieren baut, er riet Thiem, durchzuschnaufen, auf den Daviscup zu verzichten. "Nach einem Turniersieg ist man nie ausgebrannt", findet aber Thiem. "Ausgebrannt ist man, wenn man Erstrunden-Niederlagen hat. Man wird komplett leer im Kopf." Er hat, um im Bild zu bleiben, sogar einen sehr konkreten Gedanken. "Ich habe mit dem Davis- cup noch eine Rechnung offen." Von vier Einzeln hat er bislang alle vier verloren. Diesen Anti-Lauf soll sein aktueller Lauf stoppen.

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SZ vom 02.03.2016
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