Süddeutsche Zeitung

Strittige Szene:Aspekte - die Handsendung

Im Spiel war die Aktion kaum zu sehen, in der Zeitlupe umso deutlicher: Boatengs Ballabwehr mit dem Oberarm folgt aber kein Strafstoß.

Von Johannes Aumüller

Jérôme Boateng und der Video-Assistent, das ist eine Kombination, die in dieser Saison des FC Bayern eine bedeutende Rolle spielt. Im Herbst, in der Partie in Frankfurt, griff der Kölner Keller nach einer Notbremse Boatengs ein, es gab Rot statt Gelb, 80 Minuten später war das 1:5 besiegelt, zirka 1800 Minuten später war Niko Kovac kein Bayern-Trainer mehr, es übernahm ein gewisser Hansi Flick.

Am Dienstagabend in Dortmund ergab sich die nächste prägende Situation. Minute 58, Boateng rutscht im Strafraum weg, versucht sich aufzurappeln, dreht seinen Körper und fährt den Oberarm leicht aus - und fälscht so Haalands Schuss, der wohl zum 1:1 im Tor gelandet wäre, zur Ecke ab. Es bleibt beim 1:0, der Basis für den nächsten Titel.

Im Spiel war die Aktion kaum zu sehen, in der Zeitlupe umso deutlicher. Aber der Video-Keller sah keinen Anlass zur Korrektur - und alle Welt fragte sich, warum das keinen Elfmeter gab. Anderntags versuchte es der DFB in der Reihe "Erklärung umstrittener Handspiel-Entscheidungen, Folge 1800" mit dieser Begründung: "Da die fachliche Bewertung dieser Szene sowohl Aspekte für ein strafbares Handspiel als auch Aspekte gegen ein strafbares Handspiel beinhaltet", habe kein klarer Fehler des Schiedsrichters vorgelegen und der Video-Assistent nicht eingegriffen. Dabei waren die Aspekte für ein strafbares Handspiel sicher einfacher zu finden als die Aspekte gegen ein strafbares Handspiel.

Manchmal sind halt klare und aspektfreie Notbremsen etwas Feines.

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Quelle:
SZ vom 28.05.2020
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