Süddeutsche Zeitung

Abfahrt in Kitzbühel:Mit Kraft, Technik und brutaler Überwindung

Lesezeit: 2 min

Von Felix Haselsteiner, Kitzbühel

Alles wirkte normal. Das geschäftige Treiben an der kleinen Bahnstation "Kitzbühel Hahnenkamm", die direkt an der Strecke die abertausenden Fans ausspuckt, die sich dann in den Zielraum raufschieben, unterschied sich nicht allzu sehr von jedem anderen Hahnenkamm-Rennen. Auch wenn man in diesem Jahr mit einer fast schon heiligen Tradition brach: Aufgrund der schlechten Wettervorhersage für Samstag hatten sich die Veranstalter entschlossen, die Abfahrt nach vorne zu verlegen, auf den Freitag - was sich für Österreicher ungefähr so anfühlt, als würde man Weihnachten spontan auf den 23. Dezember verschieben.

Doch auch am Freitag bot die Abfahrt in Kitzbühel das alljährlich versprochene Spektakel, in dem sich schlussendlich bereits zum dritten Mal ein großgewachsener Südtiroler den Sieg erkämpfte. Dominik Paris, 2013 und 2017 bereits der große Triumphator auf der Streif, gewann auf einer seiner Lieblingsstrecken im Weltcup mit dem knappen Vorsprung von 20 Hundertstel-Sekunden auf den Schweizer Beat Feuz, der erneut die tragische Figur am Hahnenkamm wurde. Bereits im vergangenen Jahr hatte er einen sicher geglaubten Sieg an Thomas Dreßen verloren, ebenfalls mit einem Abstand von 20 Hundertstelsekunden. "Ich kann nicht schneller fahren als heute, aber Dominik hat so einen Speed ins Ziel raus - da hat er mich eingeholt", erklärte Feuz im Interview mit dem ORF.

Zufrieden wirkte Feuz trotzdem, genauso wie der beste Deutsche. Josef Ferstl, mit Startnummer vier ins Rennen gegangen, ließ die vielen deutschen Fans im Zielraum kurzzeitig an eine Wiederholung des sensationellen Dreßen-Triumphs im vergangenen Jahr glauben, als er zwischenzeitlich mit Bestzeit über die Ziellinie fuhr. Auch wenn er kurz danach von Feuz und Paris abgefangen wurde, stellte Ferstl mit dem siebten Rang das beste Abfahrtsresultat seiner Karriere ein, einen siebten Platz in Santa Caterina 2014. "Ich habe gewusst, dass die Fahrt gut war und schon einmal kurz ans Podium gedacht - die Abstände waren aber so gering, da muss man dann auch mal zufrieden sein", sagte Ferstl, der seine Teamkollegen Dominik Schwaiger (Platz 17) und Manuel Schmid (Platz 28) deutlich hinter sich ließ, im Ziel und zeigte sich überaus fasziniert von Sieger Dominik Paris: "Ich weiß nicht, vielleicht trainiert der hier heimlich?"

Es schien so, denn Paris hatte, gemeinsam mit Beat Feuz, bei leichtem Schneefall und anfangs durchwachsener Sicht eine Lücke von etwa sechs Zehntelsekunden zum Rest des Feldes herausgefahren. "Man muss hier Kraft, Technik und brutale Überwindung mitbringen", erklärte Paris im ORF seinen Sieg: "Ich mag die schwierigen Abfahrtsstrecken einfach." Erst zwei Läufer mit hohen Startnummern, zu einem Zeitpunkt, als die Sichtbedingungen sich deutlich verbessert hatten, konnten sich noch in die Spitzengruppe vorschieben und retteten damit ein wenig die Ehre der Heimnation. Otmar Striedinger (am Ende auf Platz drei) und Daniel Danklmaier (Platz fünf) platzierten sich vor den eigentlich favorisierten Österreichern Hannes Reichelt und Matthias Mayer, Wengen-Sieger Vincent Kriechmayr und Max Franz schieden verfrüht aus.

Eine Schrecksekunde folgte jedoch auch bei verbesserten Sichtbedingungen: Mit Startnummer 45 stürzte der Schwede Alexander Köll im Zielschuss und musste per Helikopter geborgen werden. Eine späte Erinnerung daran, dass das Risiko bei der Hahnenkamm-Abfahrt höher ist als anderswo - egal ob sie am Freitag oder Samstag stattfindet.

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