Süddeutsche Zeitung

Spieler bei Darmstadt 98:Heller erlebt die Bundesliga mit 34 km/h

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Von Tobias Schächter, Darmstadt

Das Lied der Darmstädter Fans auf diesen Spieler ist leicht zu merken. Es geht so: "Schneller, schneller - Marcel Heller." Dieses Lied verspricht nicht zu viel, wahrscheinlich gibt es in der Liga keinen schnelleren Spieler als diesen 29 Jahre alten Marcel Heller. Das stellten die Profis von Hannover 96 in Darmstadt zu ihrem Leidwesen fest. Zwei Tore erzielte Heller dank seiner Schnelligkeit.

Für Darmstadts Trainer Dirk Schuster war hingegen eine weitere Aktion die "Szene des Spieltages". Es war in der 25. Minute: Da holte Heller nach einem Fehler seines Kollegen Jerome Gondorf den enteilten und sehr schellen Hannoveraner Edgar Prib kurz vor dem Torabschluss ein. Und blockte die Flanke ab. Das Publikum feierte Heller, als habe der gerade die Weltmeisterschaft gewonnen. "Diese Aktion war Sinnbild für unseren Teamgeist", lobte Darmstadts Torhüter Christian Mathenia den Kollegen wie ein Fan.

Sechs Minuten später schnappte sich der nur 1,75 kleine Heller in der eigenen Hälfte nach einem Eckball für den Gegner die Kugel und rannte fast 60 Meter in den Strafraum. Dort tanzte er den Hannoveraner Verteidiger Miiko Albornoz locker aus und schlenzte den Ball in den Torwinkel. Der Aufsteiger führte 1:0, ein Traumtor. Einen solchen Sprint habe er seinem Profi ja zugetraut, erzählte Trainer Schuster, aber dass der den Ball im Torwinkel platzieren könne, das sei schon außergewöhnlich. In den beiden Spielzeiten zuvor hatte Heller ja nur sieben Tore erzielt. Beim 2:1 (54.) dann jagte er dem erneut überfordert wirkenden Albornoz den Ball ab, umkurvte Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler und schob lässig ein.

Bei Eintracht Frankfurt einst gescheitert

Der schnelle Junge aus Frechen (Der SID will eine Höchstgeschwindigkeit von 34,1 Kilometer pro Stunde gemessen haben) steht sinnbildlich für den raketenhaften Aufstieg der Darmstädter von Liga drei in Liga eins. Der gelang ja vorwiegend mit Spielern, die anderswo gescheitert waren. So wie Heller. Bei Eintracht Frankfurt konnte er sich einst nicht in der Bundesliga durchsetzen. Und als er nach erfolglosen Stationen in Duisburg, Dresden und Aachen vor zwei Jahren in der dritten Liga strandete, da schien Hellers Erstligatraum endgültig ausgeträumt zu sein.

Dann jedoch ging es mit Darmstadt zwei Mal in Serie nach oben. "Letztlich", sagt Heller im Nachhinein zum Umzug nach Darmstadt, "habe ich wohl schon schlechtere Entscheidungen in meinem Leben getroffen." Für Darmstadt ist Heller ein Trumpf im Kampf um den Klassenerhalt. Marco Sailer, der Offensivspieler, sagt: "Wir haben viele kleine Waffen. Darmstadt besteht nicht nur aus Marcel Heller. Heute aber schon ein bisschen."

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Quelle:
SZ vom 16.08.2015
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