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Schwimm-WM: Wasserspringen:Endlich eine Medaille für den Gestürzten

Vor zwei Jahren erlangte Pavlo Rozenberg Berühmtheit, weil er bei der WM traurig vom Brett fiel. Jetzt holt der Wasserspringer endlich seine erste Medaille. Auch nach dem Synchronspringen der Frauen vom Turm liegen sich zwei Deutsche in den Armen.

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Vor zwei Jahren erlangte Pavlo Rozenberg Berühmtheit, weil er bei der WM traurig vom Brett fiel. Jetzt holt der Wasserspringer endlich seine erste Medaille. Auch nach dem Synchronspringen der Frauen vom Turm liegen sich zwei Deutsche in den Armen. Endlich, endlich eine Medaille! Große Emotionen gab es am Montag in Shanghai am dritten Wettkampftag der Schwimm-Weltmeisterschaften im deutschen Team. Pavlo Rozenberg, r., gewann vom Ein-Meter-Brett mit Bronze seine erste WM-Medaille. Als ihn Kollege Sascha Klein, tags zuvor Silbermedaillengewinner im Synchronspringen, umarmte, flossen die Tränen.

Der 27-jährige Rozenberg aus Riesa war zuletzt bei großen Meisterschaften Opfer seiner schwachen Nerven gewesen. Bei der WM in Rom 2009 war er nach einem missratenen Anlauf vom Brett gefallen. Auch vor einem Jahr bei der EM in Budapest hatte er nach einem Anlauf-Fehler eine Nullnummer kassiert. Diesmal aber ...

... brachte der gebürtige Ukrainer den richtigen Drehmoment mit. Einen Sprung vor Schluss lag er sogar noch auf Platz zwei, verlor Silber aber noch an den zweiten Chinesen: Li Shixin (463,90) gewann schließlich vor He Min (444,00) und holte die dritte Goldmedaille für China im dritten Wasserspring-Wettbewerb.

Im Gegensatz zu anderen Konkurrenten zeigte Rozenberg in den letzten Durchgängen keine absoluten Höchstschwierigkeiten, aber sprang dafür sehr sauber. Als das Ergebnis feststand, reagierte er überglücklich.

"Das ist ein schöner Ausgleich, auf jeden Fall. Es hätte auch letztes Jahr klappen können, aber ich bin überglücklich dass es dieses Jahr geklappt hat", sagte er. Und die Vergangenheit?

"Ich spreche nicht gerne darüber, weil es Vergangenheit ist und nicht gerade die schönste. Am besten abhaken. Vergessen, so dass es nie existiert hast."  Für den Springer endete die Vergangenheitsbewältigung glücklich. Das Archiv allerdings kennt kein Pardon, hier ist die verpatzte WM für Rozenberg in Rom verewigt. Und mit der Bronzemedaille in der Hand lässt sich das nun auch leichter ertragen.

Auch der zweite Wettbewerb des Montags endete mit Umarmungs-Szenen im deutschen Lager. Christin Steuer und Nora Subschinski holten im Synchronspringen vom Turm ebenfalls Bronze. Kurz nachdem die beiden Frauen aus Riesa und Berlin aus dem WM-Becken gestiegen waren, fielen sie sich nach dem Blick auf die Anzeigetafel in die Arme. "Wir haben gleich angefangen zu weinen, beide", verriet Steuer.

In einem spannenden Wettkampf hatten die Medaillenkonkurrentinnen aus Großbritannien und der Ukraine im letzten Durchgang noch einmal mit schwereren Sprüngen angegriffen. Aber Steuer/Subschinski konnten kontern. "Es musste ein Ass kommen und das haben sie gemacht", lobte Bundestrainer Lutz Buschkow.

Auch wenn die beiden nicht immer gleichzeitig im Wasser ankamen, reichte es zu Platz drei. Der Titel ging wie erwartet an die Chinesinnen Wang Hao/Chen Ruolin. Für China war es im fünften WM-Wettbewerb die vierte Goldmedaille. Rang zwei holten die Australierinnen Alexandra Croak/Melissa Wu.

Der Tag davor hatte in Shanghai mit beeindruckenden Bildern begonnen. Die Turm- und Wasserspringer übten vor dem grauen Wolkenhimmel auf allen verfügbaren Brettern und Plattformen und gaben den Fotografen Gelegenheit für eindrucksvolle Aufnahmen.

Niemand weiß besser als die Sportler, wie viel Arbeit nötig ist, um diese Körperformen in den Himmel zu zeichnen.

Die beiden besten deutschen Wasserspringer, Patrick Hausding und Sascha Klein, hatten sich wieder zusammengetan, um gemeinsam eine WM-Medaille zu erspringen. Dabei taten sie gut daran, ...

... nicht so spiegelverkehrt in der Luft zu hängen wie die Ukrainer Olexander Gorschkowosow und Olexander Bondar.

Und sich nicht so unterschiedlich schnell zu drehen wie die Italiener Francesco Dell Uomo und Maicol Verzotto.

Die Schrauben nicht so konfus vorzuführen wie die Briten Peter Waterfield und Thomas Daley.

Und sich auch nicht aufzuführen, als würde man gerade im Fernsehsessel mit den Kindern spielen wie Ri Hyon Ju und Hyon Il Myong aus Nordkorea.

So wollten die Deutschen (und alle anderen Teilnehmer) ihren Sport vorführen. Doch das waren die Chinesen Qiu Bo und Huo Liang, die unerreichbar synchron vom Himmel fielen. Sie holten das zweite Gold im zweiten WM-Wettbewerb für ihr Land.

Dahinter entwickelte sich allerdings ein spannender Wettbewerb. Hausding/Klein zeigten zwei ähnlich gute Kürsprünge wie die Chinesen, doch diese erhielten sechs Punkte mehr von den Wertungsrichtern.

Nach dem dritten von sechs Sprüngen, einem zweieinhalbfachen Salto rückwärts mit anderthalb Schrauben, fielen die Deutschen auf Rang fünf zurück.

Doch sie behielten die Nerven und zeigten noch drei wunderbare Versuche. Der Lohn war Platz zwei vor den Spiegelbild-Ukrainern Gorschkowosow und Bondar. Für das Duo aus Berlin und Riesa ist die Silbermedaille das erste Edelmetall bei einer WM überhaupt. "Diese Medaille bei einer WM hat uns noch gefehlt. Jetzt ist die Sammlung komplett. Das ist ein super Gefühl", jubelte Hausding und Klein fügte hinzu: "Diesmal haben wir die Nerven behalten."

Bei der WM vor zwei Jahren hatten Hausding und Klein noch Bronze um 0,84 Punkte hauchdünn verfehlt. "Wir hatten uns geschworen, dass uns so etwas nicht noch mal passiert", sagte Hausding. Zugleich sicherten sie  Deutschland einen Quotenplatz vom Turm für die Olympischen Spiele 2012 in London. Und den Fotografen wunderbare Aufnahmen vor dem chinesischen Himmel.

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