Süddeutsche Zeitung

Schalke 04:Plötzlich sind zwei Transfer-Spezialisten auf dem Markt

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Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Mit dem Presse-Echo vom Wochenende konnte Christian Heidel endlich mal wieder zufrieden sein. Zwar hatte die Fußballmannschaft, die er im Laufe der vergangenen zweieinhalb Jahre zusammengestellt hat, 0:3 bei Mainz 05 verloren, aber für seinen Auftritt nach der Partie erhielt der just zurückgetretene und zuletzt dauerkritisierte Manager von Schalke 04 viel Anerkennung. Selbst seine Widersacher vom Boulevard zeigten Respekt für den erklärten Verzicht auf die finanziellen Vorteile, die sein bis 2020 laufender Vertrag bieten könnte.

Heidel hatte bereits im Laufe der vorigen Wochen angekündigt, es werde "keine fünf Minuten dauern", bis man sich in Frieden und Freundschaft getrennt habe, falls der Verein ihm das Misstrauen ausspräche. Er werde dann "der billigste Rauswurf aller Zeiten" sein. Nun hat man ihn nicht mal rausgeworfen, das hat er gewissermaßen selbst getan, aber was das Desinteresse an der Abfindung angeht, hat er Wort gehalten.

Trotzdem hält sich in Gelsenkirchen die Begeisterung über Heidels konsequentes Handeln in Grenzen. Was der scheidende Manager als die Wahrnehmung seiner Verantwortung bezeichnet, sieht im Klub mancher als Form des Desertierens. Schalke steht zwar nicht ohne Führung da, aber mit einer Vakanz an empfindlicher Stelle. Dies bekommt besonders Trainer Domenico Tedesco zu spüren, der die sportliche Krise einstweilen ohne Unterstützung managen muss. Tedesco erfuhr am Freitag von Heidels Beschluss - fünf Tage nach dem Aufsichtsratschef Clemens Tönnies.

Aktuell bestehen aber noch keine Kontakte von Tönnies zu Reschke

Die Kündigung habe Schalke aber nicht ganz unvorbereitet getroffen, wie das Kluboberhaupt Tönnies erklärte. Es ist nun wohl dessen Aufgabe, zügig die Nachfolge zu regeln. Eine führende Rolle unter den Kandidaten hat der vormalige Leverkusener Sportchef Jonas Boldt, 37, der sich ein Engagement auf Schalke vorstellen könnte. Berichte, dass Tönnies auch den Namen Michael Reschke, 61, in den Entwurf für eine neue sportliche Führung aufgenommen habe, sind bis auf Weiteres als voreilig oder Früh-Alarm zu verstehen.

Wenn man so will, ist Schalke ja sogar zu einem guten Zeitpunkt verlassen worden: Dass die Transfer-Spezialisten Reschke und Boldt zur selben Zeit stellungslos auf dem Markt sind, ist ein nahezu unerhörter Zufall.

Aktuell bestehen aber, wie zu hören ist, noch keine Kontakte von Tönnies zu Reschke, allerdings hat der Ober-Schalker in früheren Jahren schon zweimal versucht, den kürzlich beim VfB Stuttgart als Sportvorstand entlassenen Branchenkenner für Schalke zu gewinnen. Einen dritten Annäherungsversuch aus dem Ruhrgebiet würde der Rheinländer Reschke wohl nicht als Zumutung zurückweisen, zumal er den potenziellen Co-Kandidaten Boldt aus gemeinsamen Zeiten in Leverkusen kennt. Er hatte Boldt in dessen Bayer-Lehrjahren stark gefördert.

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Quelle:
SZ vom 26.02.2019
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