Süddeutsche Zeitung

Schalke 04 in der Europa League:Hildebrand hält Elfmeter - und darf hoffen

Lesezeit: 3 min

Schalke 04 gewinnt ohne zahlreiche Stammspieler das Europa-League-Spiel bei Maccabi Haifa mit 3:0. Timo Hildebrand absolviert seine erste Profi-Partie seit 419 Tagen, hält sogleich einen Elfmeter und darf nun auf eine Beförderung hoffen.

Er zeigte keine Reaktion, obwohl ein wenig Jubel durchaus angebracht gewesen wäre: eine geballte Faust vielleicht oder ein kurzer Schrei. Doch Timo Hildebrand blieb gestenlos und stumm. Gerade hatte er einen Elfmeter gehalten beim Europa-League-Spiel von Schalke 04 bei Maccabi Haifa, das die Schalker mit 3:0 (1:0) gewannen.

"Ich freue mich natürlich sehr auf die Partie. Sie bietet den Spielern, die bislang wenig Einsatzzeiten hatten, die Chance, sich zu präsentieren", hatte der 32-Jährige vor der Partie gesagt. Hildebrand war im Oktober geholt worden, als sich Ralf Fährmann verletzt hatte. Nach vier Monaten Arbeitslosigkeit hatte Hildebrand wieder einen Arbeitgeber.

Doch Konkurrent Lars Unnerstall machte seine Sache gut, Stevens hielt zudem in elf von zwölf Fällen am Routinier Mathias Schober als zweiten Torwart fest. Hildebrand musste zuletzt in der vierten Liga spielen, im U23-Team der Schalker. Als er sich im Gastspiel bei Rot-Weiss Essen Schmähgesänge ("Vierte Liga, Timo ist dabei") anhören musste, ließ er zum ersten Mal seinen Frust erkennen. "Fest steht, dass mich diese Situation langsam nervt", sagte er: "Mein Ziel ist natürlich nicht der Regionalliga-Fußball."

Nun durfte Hildebrand also wieder in einer Profi-Elf spielen, 419 Tage nach seinem letzten Einsatz im Trikot von Sporting Lissabon. Stammspieler wie Klaas-Jan Huntelaar, Raúl, Lewis Holtby, Christian Fuchs und Lars Unnerstall durften sich die Reise ersparen - wie auch Trainer Huub Stevens, der sich um seine kranke Mutter kümmert. Punkte hatte Schalke schon zuvor genug gesammelt, der Verein beendete die Gruppe J als Erster.

Die B-Mannschaft gab sich zum Abschluss der Gruppenphase keine Blöße. Jurica Buljat traf nach acht Minuten ins eigene Netz. Ciprian Marica gelang in der 83. Minute das 2:0, den letzten Treffer erzielte Andreas Wiegel in der Nachspielzeit (90.+2).

Anders als der FC Bayern und Leverkusen in der Champions League, die bereits für das Achtelfinale qualifiziert in ihren letzten Spielen Niederlagen hinnahmen, holte Schalke damit weitere wichtige Punkte für die Bundesliga im Kampf um die internationalen Plätze in den UEFA-Wettbewerben.

Assistent Seppo Eichkorn schickte eine Mannschaft auf das Spielfeld des Haifa-Stadions, die im Vergleich zum 2:1 bei Hertha BSC in Berlin am Freitag auf neun Positionen umgestellt war. Dass dies eine B-Elf wäre, bestritt Eichkorn. "Das sind elf Schalker Profis, die gewinnen wollen. Ich bin überzeugt, sie machen ihre Sache gut", hatte er vor dem Anpfiff gesagt.

Elisha Levy, der Trainer des israelischen Meisters, hatte für sein Team wenig Chancen gesehen: "Schalke würde sogar mit der B-Jugend gewinnen." Seine Mannschaft, immerhin israelischer Meister, steckt momentan in einer Krise, steht in der heimischen Liga nur im Mittelfeld der Tabelle und vergab mit der Niederlage die Chance, sich vor den Gruppenkonkurrenten Steaua Bukarest und AEK Larnaka für die Runde der besten 32 Teams im Februar zu qualifizieren.

Ciprian Marica stellte mit seiner Schnelligkeit die Maccabi-Abwehr immer wieder vor größere Probleme, der Rumäne bereitete das 1:0 vor und erzielte den zweiten Treffer selbst. Im Mittelfeld bot Alexander Baumjohann eine ansprechende Leistung und übertraf Julian Draxler, der zu viele Chancen ungenutzt ließ. Am Ende durfte Nachwuchsmann Andreas Wiegel seinen ersten Treffer in einem internationalen Wettbewerb erzielen.

Die Abwehr um Kapitän Benedikt Höwedes hatte keine große Mühe mit den wenigen Angriffen von Haifa. Ohne zu glänzen, hatten die Königsblauen den Sieg durchaus verdient. Den vierten Erfolg der Gelsenkirchener in der Gruppe J rettete in der 78. Minute Timo Hildebrand, als er den Handelfmeter von Yaniv Katan hielt - und danach cool reagierte.

"Schön war's", sagte Hildebrand nach dem Spiel, "es war wichtig, ein gutes Gefühl bei den Profis zu bekommen. Ich wollte dem Trainer - wie beim Training auch - zeigen, dass er auf mich zählen kann." Auch für die jungen Spieler sei es wichtig gewesen, Erfahrungen zu sammeln - und diese Partie in Haifa auch zu gewinnen: "So ein Spiel kann ja auch ganz anders laufen."

Noch hat Hildebrand die Hoffnung nicht verloren, den Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen ("Die Situation ist klar: Derzeit spielt Lars."), vorbei an Unnerstall und Schober und vielleicht an Fährmann, wenn der wieder einsatzfähig ist. Womöglich erhält er am Samstag gegen Bremen den Platz auf der Ersatzbank. Haifa, das wusste er vor dem Anstoß, besaß für ihn eine höhere Bedeutung als für den Verein.

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