Süddeutsche Zeitung

Sarah Wellbrock beendet ihre Karriere:"Es war eine unfassbar harte Entscheidung"

Lesezeit: 2 min

Sarah Wellbrock, 28, tritt nach langer Leidenszeit mit diversen Schulterverletzungen zurück. Der DSV verliert eine seiner erfolgreichsten Schwimmerinnen. Nun kann sie sich vorstellen, Richterin zu werden.

Von Sebastian Winter

Es war für viele eine etwas überraschende Nachricht, aber so ganz aus dem Nichts kam sie dann auch wieder nicht. Sarah Wellbrock quälten ja schon seit längerem Schulterschmerzen. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio kämpfte sie sich noch einmal zurück, gewann die Bronzemedaille über 1500 Meter Freistil - ihr erstes olympisches Edelmetall. Doch schon davor hatte sie Verletzungsprobleme. "Du musst die Schmerzen begrüßen", sagte sie im Corona-Sommer 2020 einmal im SZ-Interview. Doch das fiel ihr nach den Spielen in Japan immer schwerer.

Am Mittwoch gab Wellbrock, geborene Köhler, eine der erfolgreichsten deutschen Schwimmerinnen, 35-malige deutsche Meisterin, Freiwasser-Weltmeisterin, Kurzbahn-Europameisterin, zwischenzeitlich Weltrekordhalterin über 1500 Meter Freistil, ihren Rücktritt bekannt. "Der Schwimmsport war fast mein ganzes Leben ein Teil von mir und hat in den letzten 18 Jahren meinen Alltag bestimmt. Ich werde das alles so vermissen. Aber seit über zwei Jahren kann mein Körper der Belastung nicht mehr standhalten", schrieb Wellbrock auf Instagram. Mit 28 macht sie nun Schluss. Ein gutes Jahr vor den nächsten Spielen in Paris, wo sie die Aktivenrolle ihrem Ehemann Florian Wellbrock überlässt, mit dem sie seit 2018 in Magdeburg unter Trainer Bernd Berkhahn schwamm.

Sie sei Scheidungskind, erzählt Wellbrock. Und ihr Vater habe "alles dafür geopfert, dass ich meinen Weg gehen konnte"

Wellbrock hatte schon die Weltmeisterschaft im Sommer 2022 in Budapest verpasst, erklärte dies damals allerdings mit ihrem Jura-Studium und dem Staatsexamen, auf das sie sich konzentrieren wolle. Die WM im kommenden Juli in Japan stornierte sie dann vor zweieinhalb Monaten wegen ihrer Blessuren in den Schultern. "Nach Tokio hatte ich ein Knochenödem, Schleimbeutelentzündungen, Sehnenanrisse in beiden Schultern", sagte Wellbrock bei einem Pressegespräch am Mittwoch: "Da ist man irgendwann auch mental am Ende." Auch weil all die Physiotherapie, Osteopathie und das Aufbautraining nicht genug halfen. "Es war eine unfassbar harte Entscheidung. Ich habe immer gedacht, es würde leichter sein."

Als sie ihren Rücktrittswunsch ihrem Vater mitgeteilt habe, habe sich dieser sechs Stunden in den Zug gesetzt, "um das Wochenende mit mir zu verbringen". Sie sei Scheidungskind, erzählte Köhler, ihrem Vater, zu dem sie als Neunjährige zog, habe sie alles zu verdanken, "er hat alles hingekriegt, auch mit einem pubertierenden Mädchen zuhause, er hat alles dafür geopfert, dass ich meinen Weg gehen konnte". Auch ihren Wunsch, als 15-Jährige ins Sportinternat nach Frankfurt zu ziehen, erfüllte er ihr.

Nun darf er mit einigem Stolz auf seine Tochter blicken. Sie beginnt im September ein Referendariat, will promovieren, kann sich vorstellen, Richterin zu werden. Aber zunächst einmal schwimmt sie für den guten Zweck: Bei der Challenge Roth unterstützt Sarah Wellbrock im Rahmen einer Charity-Staffel das Kinderhilfsprojekt "Frühstücksklubs" der Deutschen Lebensbrücke.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5931493
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.