Süddeutsche Zeitung

RB Salzburg vor Bayern-Testspiel:Sogar der Sauerländer ist jetzt beliebt

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Ein Test gegen den FC Bayern, Europa League gegen Ajax Amsterdam, große Dominanz in der österreichischen Liga: Der vom Deutschen Roger Schmidt trainierte Klub RB Salzburg verbessert mit sehenswertem Fußball sein Image.

Von Moritz Kielbassa

Beim Slalom der Damen am vorigen Dienstag in Flachau zeigte das österreichische Fernsehen, wie bei größeren Skirennen üblich, viele Prominente auf der Tribüne. Auch Roger Schmidt und Kevin Kampl grinsten im Schneegestöber in die Kamera - zwei Zugereiste aus dem deutschen Flachland, die wohl selbst darüber staunen, dass sie jetzt in Österreich berühmt sind und sich als Adabeis auf Skipisten amüsieren.

Der Trainer Schmidt und der flinke Dribbler Kampl waren Mitbringsel aus der zweiten Bundesliga, als im Sommer 2012 Ralf Rangnick als Sportdirektor bei den Red-Bull-Fußballern anfing. Jetzt sind Schmidt und Kampl die Gesichter jener Salzburger Mannschaft, die am Samstag (16 Uhr/Servus TV) den FC Bayern testet - und drauf und dran ist, in Österreichs Fußball neue Maßstäbe zu setzen.

Schmidt, 46, hat nach einer holprigen Anfangszeit in Salzburg soeben herzlich gerne seinen Vertrag bis 2016 verlängert. Dabei ist dem Trainer bewusst, dass nicht nur beim Slalom einem starken ersten Durchgang ein zweiter folgen sollte. "Unseren Weg weitergehen", lautet Schmidts Vorsatz fürs neue Jahr. Unter seiner Aufsicht haben die Bullen zwar von 76 Pflichtspielen 52 gewonnen, aber ein Titel fehlt noch. Die Vorsaison schloss Salzburg mit mehr Punkten ab als je zuvor, doch Außenseiter Austria Wien überflügelte den Budgetkrösus aus dem Gebirge. Zudem trübten Pannen in der Champions-League-Qualifikation (gegen Düdelingen) und im ÖFB-Pokal (gegen Drittligist Pasching) die Gesamtentwicklung in Schmidts erstem Jahr.

Inzwischen sagt der für die RB-Standorte Salzburg und Leipzig als Supervisor zuständige Rangnick: "Wir sind auf einem richtig guten Weg" - und wenn der immerzu anspruchsvolle Rangnick das Wort "richtig" zur Verstärkung einsetzt, dann heißt das: Er meint es wirklich so. Dass die fest geplante Meisterschaft 2013 an einen Rivalen mit geringeren Mitteln verloren ging, beantworten die Salzburger seit Saisonbeginn ähnlich wuchtig und trotzig wie zuletzt die Bayern das Dortmunder Überholmanöver.

Elf Punkte Vorsprung auf Platz zwei hat Salzburg als "Winterkönig", wie in der Alpenrepublik der Halbzeitführende heißt - Meister Austria liegt 16 Punkte zurück. Zudem erfüllte sich im Herbst in der Europa League die Sehnsucht des mächtigen Markenchefs Dietrich Mateschitz, endlich auch international aufhorchen zu lassen: Alle sechs Gruppenspiele wurden gewonnen, in der K.o.-Runde folgen im Februar Festspiele gegen Ajax Amsterdam - ein Trostpflaster auf die Wunde, das ewige Ziel einer Champions-League-Teilnahme erneut verfehlt zu haben.

"Mit unserem Fußball sorgen wir derzeit nicht nur in Österreich für Aufsehen", hebt Rangnick hervor, diese Feststellung ist ihm ebenso wichtig wie der reine Erfolg. Als Bundesliga-Trainer machte Rangnick einen Pressing- und Umschaltfußball salonfähig, diese "aggressive, attraktive Spielweise" erkennt er nun auch bei den RB-Teams in Salzburg und Leipzig. Bei der Umsetzung des Spielstils kann Rangnick richtig streng und penibel sein. In beiden Filialen installierte er daher Großaufgebote von Mitarbeitern seines Vertrauens, bis tief in die Nachwuchsakademien hinein.

Auch die auffallend jung besetzten Teamkader entsprechen Rangnicks bekannten Vorlieben. "Blue Chips" statt Routiniers, hieß seine Losung früher in Hoffenheim, jetzt sagt er: "Solange ich bei Red Bull bin, holen wir keine älteren Spieler. Wir wollen hochtalentierte Spieler zu Topspielern formen" - was jene Konkurrenten ärgert, deren Hochbegabte man abwirbt. In Leipzig, wo das Publikum nach großem Fußball lechzt und das direkte Durchsausen in die zweite Liga möglich ist (aktuell: Platz zwei in Liga drei), wurde gerade weiter aufgerüstet, auch ein Zugang aus Salzburg, Georg Teigl, war dabei. Künftig könnten häufiger Spieler innerhalb des RB-Pools transferiert werden, dieselbe Spielweise sieht Rangnick dafür als Grundlage.

Bei Salzburg ragt ein für österreichische Verhältnisse außergewöhnliches Offensiv-Quartett heraus: Der Deutsch-Slowene Kampl (zuvor VfR Aalen) wird bereits mit 7,5 Millionen Euro Marktwert bemessen, nicht viel niedriger liegen die Schätzungen bei Flügelstürmer Sadio Mane (Senegal) sowie den Torjägern Alan (Brasilien) und Soriano (Spanien). Bei Alan gibt es sogar schon Begehrlichkeiten, ihn beizeiten als Wahl-Österreicher ins rot-weiß-rote Nationalteam einzugliedern.

Im Test gegen die Bayern will Schmidt "unsere Spielidee auf den Platz bringen, auch wenn sie das beste Team der Welt sind - um zu sehen, inwieweit wir an unsere Grenzen stoßen". Die erkennbare neue Struktur auf dem Rasen und in den Chefbüros verändert auch die Außenansicht auf die Salzburger. Jahrelang galten sie in Österreich als konzeptloser Großkotz mit Gelddrucklizenz. Viel Geld haben sie weiterhin, doch ihr sehenswerter Fußball schafft Anerkennung.

Dass Schmidt trotz einer titellosen Saison Trainer bleiben durfte und damit erstmals Kontinuität im Klub einkehrte, wurde ebenso wohlwollend registriert wie das verstärkte Mitwirken junger Österreicher im Team. Sogar die in den Medien dauerpräsenten alten Fußball-Helden des Landes aus der Kapitale Wien, die wegen ihrer Herkunft alle violett (Austria) oder grün (Rapid) durchblutet sind, lobten Salzburg zuletzt in hohen Tönen.

Der bei Spielern und Fans extrem beliebte Trainer trägt zur Sympathiebildung bei. Schmidt, ein gebürtiger Sauerländer, hat zwar gemerkt, dass Gastarbeiter aus dem großen Nachbarland skeptisch empfangen werden, zumal es in der Liga gerne mal recht folkloristisch zugeht - auch Schmidt trug schon einige "Wickel" (österr.: Streit) mit einheimischen Kollegen aus. Doch er kommt inzwischen gut an. Sogar als Gast beim Skirennen.

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Quelle:
SZ vom 18.01.2014
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