Süddeutsche Zeitung

Pokal-Erfolg gegen Hoffenheim:Die Bayern spielen erst überlegen, dann selbstverliebt

Lesezeit: 3 min

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn, München

Die Auslosung zum Pokal-Viertelfinale am Sonntagabend um 18 Uhr werden sie beim FC Bayern eher nebenbei beobachten, und in diesem Fall darf ihnen das nicht einmal als Arroganz ausgelegt werden. Natürlich haben sie auch in München erfreut beobachtet, dass in diesem Wettbewerb die beiden vermeintlich gefährlichsten Konkurrenten, Leipzig und Dortmund, am Dienstag ausgeschieden sind, und wen auch immer die Bayern am Sonntag im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund ausgelost bekommen, Frankfurt, Bremen, Leverkusen oder vielleicht doch Union Berlin, es wird nichts daran ändern, dass der Gegner beim FC Bayern nicht Furcht und Schrecken auslösen wird. Aber daran liegt es nicht allein, dass sie in München diese Auslosung eher nebenbei verfolgen werden. Ein bisschen liegt es schon auch daran, dass die Bayern am Sonntag um 18 Uhr gegen den ersten Verfolger Leipzig ihre Tabellenführung in der Bundesliga verteidigen wollen.

Im Pokal setzten die Bayern nach den Patzern der Konkurrenz in ihrem Achtelfinale gegen die TSG Hoffenheim gerade in der ersten Halbzeit ein Statement, 4:3 (3:1) gewannen sie, und sie waren so überlegen, dass sie irgendwann zu selbstverliebt auftraten. Und so durfte Hoffenheim bis zum Schluss an eine Sensation glauben. Entsprechend gedämpft war die Freude von Bayern-Trainer Hansi Flick. In der ARD sagte er: "Am Ende zählt, dass man weiterkommt. Aber über die Art und Weise in der zweiten Halbzeit müssen wir sprechen."

Zielstrebiger, schneller, sicherer

Fünf Minuten lang war am Mittwochabend auch die Partie in München eine im Geiste dieser Pokalrunde, fünf Minuten lang führte der Außenseiter aus Hoffenheim, von der achten bis zur 13. Minute. Aber danach war der FC Bayern nicht nur zielstrebiger, schneller, sicherer, die Mannschaft konnte es sich sogar erlauben, hier und dort ein bisschen zu tricksen, zu zaubern. Sie spielte wie eine Mannschaft, die ganz genau spürt, dass gegen sie im Moment nichts zu holen ist.

In der achten Minute hatte Hoffenheims Ihlas Bebou auf das Tor von Manuel Neuer geschossen, nicht ungefährlich, aber auch nicht wirklich bedrohlich. Doch dann streckte Jérôme Boateng sein Bein hinein, er fälschte den Ball ins eigene Tor ab. Der Rückstand. Die Bayern aber spielten so weiter wie zuvor, immer konsequent nach vorne, ohne unnötige Umwege, in der fünften Minute hatten sie ja auch bereits getroffen, durch Robert Lewandowski - der Treffer war aber aberkannt worden, weil Thomas Müller ein paar Atemzüge im Abseits gestanden war.

Müller, der unter Trainer Hansi Flick in den ersten 13 Partien 14 Scorerpunkte gesammelt hatte, war auch im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit der Mann, der an fast allen gefährlichen Aktionen des Gastgebers beteiligt war. 13. Minute: Alphonso Davies flankte von der linken Seite, Müller grätschte rein, Hoffenheims Kapitän Benjamin Hübner berührte den Ball wohl auch noch, Müller war es herzlich egal, er jubelte über den Ausgleich. 20. Minute: David Alaba flankte von der linken Seite, Müller streckte sein Bein rein, dieses Mal berührte er den Ball wirklich, die Führung. 36. Minute: Alaba schlug einen weiten Ball in den Hoffenheimer Strafraum, Hübner und Müller sprangen zum Kopfballduell hoch, TSG-Torwart Philipp Pentke hüpfte übereifrig noch dazu. Von Müllers und Hübners Köpfen zugleich flog der Ball zu Lewandowski, er köpfte den Ball lässig ins Tor.

Großzügig vergab der FC Bayern noch ein paar weitere gute Gelegenheiten, teilweise auch, weil sich die Spieler zu sehr den eigenen Zaubereien widmeten. Aber die Hoffenheimer Abwehr verteidigte an diesem Abend mit der Körperlichkeit eines gealterten Schlossgespenstes, sie erlaubte also auch ein paar Münchner Spielereien.

In der zweiten Halbzeit verzichteten die Bayern auf ein paar Tricksereien, sie verzichteten auch auf ein bisschen Tempo und Direktheit in ihrem Spiel, aber warum auch dieser Aufwand, sie waren auch so weiter überlegen. Lewandowski (51.) und Müller (52.) vergaben innerhalb einer knappen Minute zwei gute Gelegenheiten, ein Tor, und das Spiel hätte endgültig keinerlei Spannung mehr gehabt. So aber durften die Gäste zumindest noch an die Überraschung glauben. Und viel hätte auch nicht gefehlt, und dieser eigentlich so souveräne Auftritt des FC Bayern hätte ein enges Spielende gehabt.

In der 71. Minute schoss Hoffenheims Steven Zuber artistisch aufs Münchner Tor, Manuel Neuer klärte nicht weniger kunstvoll mit einer Hand zur Ecke. Drei Minuten später durfte der eingewechselte Christoph Baumgartner ungestört durch die gesamte Münchner Defensive spazieren, und auf einmal stand er frei vor Neuer - was offenbar auch ihn selbst überraschte, so überhastet schoss er den Ball über das Tor.

In der 80. Minute traf dann noch einmal Lewandowski mit dem Kopf - und doch wurde es noch spannend. Denn in der 83. Minute erzielte Munas Dabbur noch einen Treffer für Hoffenheim, und in der Nachspielzeit gleich noch einmal. Doch nun blieb wirklich zu wenig Zeit für eine weitere Pokalüberraschung.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4786851
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 06.02.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.