Süddeutsche Zeitung

Corona-Quarantäne in der olympischen Blase:Feste Mahlzeiten nach Verbandsprotest

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Nachdem die deutsche Delegation tags zuvor unzumutbare Zustände beklagt hatte, scheint sich die Lage in den Quarantäne-Hotels zu entspannen. Kombinierer Eric Frenzel schickt eine Video-Botschaft.

Von Barbara Klimke, Peking

Ein Zimmer statt einer Besenkammer, feste Mahlzeiten und eine Internetverbindung zur Außenwelt. Viel mehr haben die Athleten, die die ersten Tage der Winterspiele in Quarantäne verbringen mussten, gar nicht verlangt. Dass es Tage brauchte und einen Verbandsprotest, ehe das Notwendigste bereitstand, sagt manches über Organisationsdefizite aus. Mehr noch zeigt dies einen Mangel an Verständnis für die Bedürfnisse der Sportler und Sportlerinnen, die die unbezahlten Hauptdarsteller dieses medialen Weltereignisses sind. Immerhin: Am Sonntag, Tag drei nach dem positiven Corona-Test, hat der Nordische Kombinierer Eric Frenzel per Video auf Instagram "schöne Grüße" aus der Isolation geschickt: "Ich habe glücklicherweise alles, was ich so brauche", teilte er nun mit. "Ich habe Möglichkeiten, Sport zu machen, und das Essen passt soweit."

Schmal und besorgt sah der dreimalige Olympiasieger vor der rötlichen Tapete aus, während er seine Botschaft überbrachte. Aber er konnte zwischenzeitlich im Quarantänehotel im Bergzentrum Zhangjiakou, wo die Nordischen Wettkämpfe stattfinden, in ein größeres Zimmer umziehen, wie der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mitteilte. Frenzels Teamkollege Terence Weber wurde aus der Selbstisolation im Mannschaftshotel in eine Unterkunft gebracht, die ebenfalls "ordentliche Bedingungen" biete. Auch der Eiskunstläufer Nolan Seegert, der dritte Betroffene, habe nun in einer "schwierigen Situation zumindest zufriedenstellende Rahmenbedingungen", erklärte Dirk Schimmelpfennig, der Chef de Mission des DOSB. Die "Aktivitäten zur Verbesserung der Unterbringungsmöglichkeiten" hätten in Zusammenarbeit mit dem IOC und dem chinesischen Organisationskomitee (Bocog) zum Erfolg geführt.

Tags zuvor hatte Delegationsleiter Schimmelpfennig die Umstände, unter denen Frenzel ausharrte, öffentlich noch als "unzumutbar" kritisiert.

In der Sprache der Sportdiplomatie ist die Forderung des DOSB eine höfliche Umschreibung für: Leute, es reicht!

Bei den Pekinger Pandemiespielen ist direkter Austausch selbst im Normalfall schwierig. Die Folgen spüren nun vor allem die Infizierten, die keinen direkten Kontakt zur Außenwelt halten können und denen offenbar nicht einmal eine stabile Telefon- und Datenverbindung zur Verfügung stand. Auch hatte - wie im Fall Frenzels - die plötzliche Wandlung vom möglichen Favoriten zum Isolierten die Athleten mental mitgenommen. So schlugen die Teamärzte und die Mannschaftsleitung Alarm.

Schimmelpfennig erklärte, dass es für ein Isolationszimmer im Rahmen der Milliarden Euro teuren Spiele Mindestansprüche geben müsse, die er folgendermaßen zusammenfasste: Es muss groß genug sein. Es hat hygienischen Maßstäben, also den gängigen Sauberkeitsstandards zu genügen. Und die Athleten müssen sich an verlässliche Zeiten für Essens- und Testtermine halten können.

Im Falle Frenzels war offenbar nichts davon gegeben. Der DOSB verlangte deshalb beim Internationalen Olympischen Komitee und beim Organisationskomitee "beschleunigte Verbesserung". In der Sprache der Sportdiplomatie war das eine höfliche Umschreibung für: Leute, es reicht! Denn bereits im vorigen Jahr, als die Rodler von unzumutbaren Zuständen in Quarantäneherbergen berichtet hatten, Krabbeltiere auf den Zimmern inklusive, hatte der DOSB beim IOC Verbesserungen gefordert.

Umgesetzt wurden diese wohl nur teilweise. Und das, obwohl sich die Lage, in die der Radfahrer Simon Geschke im Sommer bei den Spielen von Tokio geriet, nicht wiederholen sollte: Der isolierte Geschke hatte unter anderem einen Mangel an Frischluft beklagt. Vom Organisationskomitee Bocog kam nun das Versprechen, dass die Athleten Essen im olympischen Dorf bestellen können, das in die Isolation geliefert wird.

Wer positiv getestet wurde, braucht anschließend zwei Negativ-Befunde innerhalb von 24 Stunden

Für Frenzel, den dreimaligen Olympiasieger in der Nordischen Kombination, wird die Zeit bis zum Wettbewerb von der Normalschanze am Mittwoch nun knapp. "Ärgerlich", nannte er seine Lage, hofft aber, doch noch in die Wettkämpfe einsteigen zu können. Er habe alles getan, um die Situation zu vermeiden, aus Angst vor einer Ansteckung hatte er sogar seine drei Kinder aus der Schule und dem Kindergarten genommen, was er in seiner Video-Botschaft noch einmal betonte.

Eine psychologische Betreuung ist laut DOSB-Delegation für die Winterathleten im Wartestand gewährleistet. Wer positiv getestet wurde, braucht anschließend zwei Negativ-Befunde innerhalb von 24 Stunden oder drei Tests mit einem CT-Wert höher als 35, um die Quarantäne verlassen zu können. Für die Rückkehr auf Schanze, Piste, Eis oder Loipe gilt laut DOSB-Mannschaftsarzt Bernd Wolfarth der oberste Gesundheitsgrundsatz: "Safety first".

Dass es Positivfälle in der Blase von Peking geben würde, sei zu erwarten gewesen, sagte Wolfarth. Erste Auswertungen der Massentests zeigten laut IOC folgendes Muster: 97 Prozent der Infektionsnachweise treten an Tag eins bis drei nach der Landung auf. Vorläufig kommt der Mediziner deshalb zu folgendem Schluss: "Das System, so wie es aufgebaut wurde, ist sicher."

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