Süddeutsche Zeitung

Ô Cólùmnãò:Im Pacific Village

Insgesamt 17 Inseln und Inselgrüppchen haben sich zusammengeschlossen, um sich in Rio de Janeiro von ihrer schönsten Seite zu präsentieren.

Von Boris Herrmann

Ein Teil dieser Olympischen Spiele, wenn auch ein ganz kleiner, ist das "Pacific Village". Als friedliebendes Dorf könnte man das übersetzen, aber das würde in die Irre führen. Es handelt sich nicht um ein alternatives Wohnangebot zum skandalumtosten Athletendorf, sondern um das Ozeanische Haus. Das Wort "Pacific" bezieht sich hier weniger auf die Art des Miteinanders als auf das gleichnamige Weltmeer.

Insgesamt 17 Inseln- und Inselgrüppchen haben sich zusammengeschlossen, um sich in Rio von ihrer schönsten Seite zu präsentieren. Dafür suchten sie sich das Kellergeschoss unter einer Pizzeria aus. Das Konzept der olympischen Präsentationshäuser wird hier heruntergebrochen auf olympische Auslagetische. Die Regionalgroßmacht Fidschi (knapp 900 000 Bewohner) besticht durch einen eigenen Vermarktungsstand mit zahlreichen bunten Prospekten, die über die Vorzüge der schönsten Südsee-Ressorts informieren. Kleinere Atolle wie etwa das Königreich Tonga oder die Salomonen teilen sich dagegen einen Tisch. Die Cook-Inseln, Guam und Nauru haben sich in aller Bescheidenheit sogar einen gedrittelt.

Für Tonga interessiert man sich natürlich in besonderem Maße, seit man weiß, dass es dort sogar olympische Fahnenträger gibt, die mit mehr Öl eingerieben sind, als in Brasilien jährlich gefördert wird. Anzutreffen im ozeanischen Kellergeschoss ist an diesem frühen Nachmittag in der zweiten Olympiawoche allerdings nur ein einziger Mann, der sich als Repräsentant der Salomon-Inseln ausweist. Er sagt: "Aha, sie nehmen einen Prospekt von Tonga mit?"

"Ja, wenn Sie nichts dagegen haben."

Nee, sagt der Mann im Kellergeschoss, er wundere sich bloß, dass die jetzt überhaupt etwas ausgelegt hätten. "Bis gestern war deren Tischhälfte noch ganz frei."

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Quelle:
SZ vom 18.08.2016
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