Süddeutsche Zeitung

Marco Reus:Zwischen zwei Generationen

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Von Tim Brack

Beim Umbruch-Projekt von Joachim Löw dürfte Marco Reus in vielerlei Hinsicht eine maßgebliche Rolle einnehmen. Er ist der Verbindungsspieler des Bundestrainers. Auf dem Rasen sind Reus' Ideen essentiell für das deutsche Spiel. Mit Pässen, Haken und Flatterschüssen stellt der Dortmunder die Verbindung zwischen Mittelfeld und Angriff her.

Reus ist zudem in zwei Generationen verwurzelt. Aufgrund seiner 29 Jahre gehört er in die Ära der Weltmeister und müsste strenggenommen eine baldige Ausmusterung befürchten. So wie es dem ebenso 29-jährigen Thomas Müller und den unwesentlich älteren Mats Hummles und Jérôme Boateng (beide 30) zuletzt geschehen ist. Doch Reus war beim WM-Titelgewinn ja nie dabei, was er bei der Pressekonferenz vor dem Qualifikationsspiel gegen die Niederlande keineswegs als Vorteil verstanden haben wollte.

Doch seine Abwesenheit bei den meisten großen Turnieren verbindet Reus auch mit den jüngeren Spielern. Er ist zwar etabliert und der zweitälteste Spieler im Kader (nach Manuel Neuer), aber irgendwie auch neu in der Nationalmannschaft. Vor dem Duell gegen die Niederlande verlangte er "eine gewisse Gier", die ja gerade junge Spieler mehr haben sollen als ältere. Bei Reus ist das Verlangen nach Erfolgen mit der Nationalmannschaft besonders ausgeprägt. Es hatte viel Zeit, zu gedeihen. Zwar debütierte der Dortmunder Profi bereits 2011 im DFB-Dress, doch er schaffte es in den folgenden acht Jahren nur zu zwei Turnieren, bei denen er auf fünf Einsätze kam. Die drei Spiele bei der WM 2018, die zum Vorrunden-Aus führten, würde er vermutlich selbst gerne wieder vergessen.

Reus beschwört den Teamgeist

Reus ist sich seiner integrativen Rolle bei Löws Neuanfang bewusst. "Ich weiß, dass ich in einem Alter bin, in dem ich auch im Verein Führung übernehmen muss, das versuche ich hier auch", sagte er über die DFB-Elf. Alles brauche aber Zeit, schließlich habe die Nationalmannschaft viele junge Spieler dazubekommen. "Es kann nicht alles von heute auf morgen klappen", mahnte Reus. Schwankungen kennt er auch aus seinem Klub Borussia Dortmund, wo er bereits dieser Vorangeh-Typ ist, der er auch in der Nationalmannschaft sein will.

Beim BVB trägt er seit dieser Saison die Kapitänsbinde und ist umgeben von einigen jungen Talenten, denen er Halt geben muss. In der Bundesliga-Hinrunde führte er seine Mannschaft auf ein meisterliches Niveau, doch dann kamen erwartbare Schwächephasen, die der BVB mittlerweile aber wieder einigermaßen verarbeitet hat. Mit der deutschen Mannschaft befindet er sich hingegen noch in einem wackligeren Stadium. Beim 1:1 gegen Serbien am Mittwochabend holperte es noch sehr - besonders in der ersten Hälfte. Mit der Einwechslung von Reus nach der Pause verbesserte sich das Offensivspiel der Deutschen aber merklich.

In der ersten richtigen Bestimmungspartie am Sonntag wird Löw Reus wohl kaum erst auf der Bank platzieren. Reus fordert gegen die Niederländer vor allem Teamgeist: "Wir müssen mit der richtigen Einstellung und als Team auftreten." Die Niederländer sind bei ihrem Umbruch-Projekt schon eine Stufe weiter als die deutsche Mannschaft. Was aber nicht vergessen werden darf: Sie haben dafür einige Zeit gebraucht. Seit 2011 waren sie genau so oft bei Großereignissen dabei wie Reus: zwei Mal. Im Moment ist Oranje aber auf einem sehr vielversprechenden Weg. Reus machte beim aktuellen Team eine "sehr gute Mischung" aus. Einige junge Spieler seien dabei, aber eben auch "gefestigte Spieler". Aber so einen hat Joachim Löw in Reus ja auch in seinen Reihen.

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