Süddeutsche Zeitung

Messi:Der Floh tanzt

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Lionel Messi ist wieder in München, schlurft wieder, und hat die entscheidenden Momente. Manchmal genügen ihm ein paar Ballberührungen - und schon tanzt er.

Von Benedikt Warmbrunn

Mehr als die Hälfte der Spielzeit war noch zu spielen, da trat Lionel Messi mit der Fußspitze in den Rasen der Münchner Arena. Es passierte, was er sich wünschte: Das Fleckchen Rasen war nun wieder eben.

Der Rasen der Münchner Arena und Messi - war da nicht was? Das war, ziemlich genau: das Nichts.

In der Saison 2012/2013, in der der FC Bayern den FC Barcelona im Halbfinale insgesamt 7:0 besiegt hatte, spielte Messi zuletzt in München, das heißt: Er schlurfte, 90 Minuten lang. Bastian Schweinsteiger und Javier Martínez schnappten sich jeden Ball, der für ihn gedacht war, und wenn sie einen Ball durchließen, dann schnappten sie sich Messi selbst. Am Ende war der Argentinier vier Kilometer weniger geschlurft als Schweinsteiger gerannt war. Messi plagte eine Oberschenkelverletzung, er hatte sich "irgendwie unwohl" gefühlt; beim Rückspiel in Barcelona saß er 90 Minuten lang auf der Bank. Und doch war die Kritik enorm. Schlecht trainiert, noch schlechter beraten, das waren die Vorwürfe, die er sich anhören musste.

Auch am Dienstagabend schlurfte Messi, und doch war es ein anderer Auftritt. Die Zuschauer in München sahen keinen Messi, der mit sich selbst kämpft. Sie sahen den Messi, der als La Pulga berühmt geworden ist, als der Floh. Und Messi zeigte den Zuschauern, dass er jeden Rasen dieser Welt in einen Zauberflohzirkus verwandelt kann. Manchmal genügen ihm ein paar Ballberührungen. Und schon tanzt er.

Nach wenigen Sekunden spielte er einen feinen Pass, dann war lange nichts von ihm zu sehen, und vielleicht war es so zu erklären, dass er auf einmal viel Platz auf seiner rechten Seite hatte. Er winkte, und wenn Messi winkt, gleicht das einem Dekret. Dann kommt der Ball zu ihm. Annahme, Zuspiel auf Suárez durch eine Lücke, die wohl nur ein Floh so erkennen kann. So entstand das erste Tor der Gäste.

Doch es waren nicht nur die Magierfüße, mit denen Messi an diesem Abend in München glänzte. Es war seine gesamte Erscheinung. Lange präsentierte er ein Spiel ohne Mängel, er präsentierte sich ganz als der mannschaftsdienliche Messi. In der 28. Minute schlich er sich in die Spielfeldmitte, Linksschuss, er scheiterte an Neuer. Eine Minute später jedoch gewann er, der 169 Zentimeter große Argentinier, ein Kopfballduell gegen den 14 Zentimeter größeren Schweinsteiger, leitete den Ball weiter auf Suárez. So entstand das zweite Tor der Gäste.

Die verbliebenen Minuten der ersten Halbzeit nutzte Messi, um die ganze Breite seines Könnens zu demonstrieren, zum Beispiel Balleroberungen in der eigenen Hälfte. Hinzu kamen Zweikämpfe auf Höhe des eigenen Strafraums (ohne Erfolg); einmal bildete er die teuerste Ein-Floh-Mauer der Welt (mit Erfolg). Zur Pause verabschiedete ihn Trainer Pep Guardiola mit einem Handschlag in die Kabine.

In der zweiten Halbzeit spielte Messi dann zeitweise etwas zentraler, und er spielte gemütlicher, wie all seine Mitspieler. Ein paar als Sprint getarnte Läufe in erhöhtem Schlurftempo, ein paar gefühlvolle Ballannahmen, außerdem überließ er vor dem zweiten Tor des FC Bayern den Ball Alonso, indem er großzügig auf einen Zweikampf verzichtete.

Der Magier hatte sich da schon mit dem Münchner Rasen versöhnt. Er wusste, es war genug.

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Quelle:
SZ vom 13.05.2015
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