Süddeutsche Zeitung

Leichtathletik:Kugelstoßer Storl ist genervt vom "Scheiß-Knie"

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Von Saskia Aleythe, Halle

Erst knallte die Faust an die Plastikabsperrung, dann litt das Trikot von David Storl: Der Kugelstoßer war wütend. Er riss er sich die Nummer vom Leibchen, zerknüllte das Papier, mit einem Fuß noch im Ring stehend. Sechs Versuche hatte er bei den Werfertagen in Halle an der Saale gezeigt, sechs Versuche, die ihn unzufrieden machten. Seinen besten hatte Storl schon vorher: Beim Aufwärmen.

Es ist ja nicht so, dass dieser David Storl ein Newcomer der Szene wäre, der Mann ist zweifacher Weltmeister - doch den Kopf komplett ausschalten? Geht halt gerade auch nicht. Acht Monate hat er pausiert, in Halle startete er nun in die Freiluftsaison. "Wenn du in deinem ersten Wettkampf stehst und unbedingt stoßen willst, ist es besonders schwer", analysierte der 25-Jährige schließlich, "dann verkrampft alles, und dann kommst du gar nicht klar."

In knapp zwei Monaten will er bei den Olympischen Spielen in Rio um Gold kämpfen, 2012 reichte es zu Silber. Aktuell ist der Amerikaner Joe Kovacs mit 21,47 Meter der Beste der Welt. Für Storl reichte es in Halle am Ende zu Rang zwei mit einer Weite von 20,25 Metern, hinter dem Polen Konrad Bukowiecki (20,62). Der Start in die Olympia-Saison? Hätte besser beginnen können.

"Hört mal auf mit dem Quatsch, es wird schon gehen"

Die Kopfprobleme sind bei David Storl nicht nur Kopfprobleme, sondern vor allem Knieprobleme. Sein linkes Knie hat sich zum Reizthema entwickelt. Seit zwei Jahren macht ihm die Patellasehne zu schaffen, immer wieder trat er unter Schmerzen an, holte trotzdem Medaillen, steigerte seine Bestweiten kontinuierlich. Doch jetzt will er am liebsten gar nicht mehr darüber reden. "Alle fragen mich nach dem Scheiß-Knie", sagte Storl in Halle, "hört mal auf mit dem Quatsch, es wird schon gehen." Doch thematisieren muss man es ja trotzdem: dass ihm nun die Wettkampfroutine fehlt, hat schließlich mit diesem Knie zu tun.

Im vergangenen September wurde er zuletzt operiert, die Hallensaison ließ er komplett aus. "Da fehlt jetzt die Sicherheit einer Saison", sagte Storl, der gemerkt hat: "Die Energie aus den Beinen kam nicht oben an." Und wenn die Energie eines Kugelstoßers nicht in den Armen ankommt, wird es eben nichts mit Weiten wie seinen 22,20 Metern, seiner persönlichen Bestleistung aus dem Vorjahr. "Wenn du wieder anfängst, machst du es, wie du es immer gemacht hast", erklärte Storl, "so, wie du es für richtig hältst. Und es war heute einfach nur falsch".

In den kommenden Wochen muss er wieder an der Technik feilen, die ihn in die Weltelite katapultiert hat. Seit 2011 war schließlich an jedem Saison-Höhepunkt immer eine Medaille für ihn drin gewesen. "Es fühlt sich an, als wäre alles noch nicht richtig fertig", sagte Storl noch, der seinen mäßigen Saisonstart nach dem Wutausbruch recht schnell verarbeitet hatte. "Ich denke es wird beim nächsten Wettkampf besser", sagte er, der ohnehin weiß, wann es darauf ankommen wird in diesem Jahr: "Abgerechnet wird am 18. August." Beim Finale im Olympia-Ring.

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Quelle:
SZ vom 22.05.2016
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