Süddeutsche Zeitung

Uli Hoeneß:"Ich werde kein Claqueur sein"

Lesezeit: 3 min

Der scheidende Präsident hat dem Vereinsmagazin des FC Bayern ein Interview gegeben. Die wichtigsten Aussagen in der Übersicht.

Uli Hoeneß sieht sich künftig als Ratgeber seines Herzensvereins. Der scheidende Bayern-Präsident äußerte sich in einem Abschieds-Interview des Vereinsmagazins "51" (November-Ausgabe) unter anderem über seine Nachfolgeregelung beim deutschen Fußball-Rekordmeister, seinen größten Fehler und das Internet.

Hoeneß über... Herbert Hainer und Oliver Kahn: "Oliver saß oft in meinem Büro zum Kaffee auf der Couch, und seine Entwicklung in den letzten Jahren hat mir immer mehr imponiert. Wir hatten sehr tiefgreifende Gespräche. Vor zehn oder auch vor fünf Jahren hätte ich ihn mir in dieser Position noch nicht vorstellen können - und als ich ihn schließlich gefragt habe, ob das für ihn überhaupt interessant wäre, hat er kurioserweise zunächst auch gemeint, er könne sich das gar nicht vorstellen. Eine Woche später rief er dann aber an und sagte, wir sollten das vielleicht doch mal genauer durchsprechen. Als ich Herbert Hainer fragte, sagte er: 'Das ist der einzige Posten auf der Welt, der mich reizen würde.'"

...die Kritik, Hainer und Kahn seien nur Vertraute für den Machterhalt: "Das behaupten nur Menschen, die hinter jedem Busch einen Feind sehen. So ticke ich nicht. Ich habe Leute ausgesucht, denen ich diese Aufgabe zutraue. Und ich darf schon auch mal selbstbewusst feststellen: Ohne mich sähe dieser FC Bayern anders aus. Wenn meine Nachfolger das ähnlich hinbekommen, könnten doch alle recht glücklich sein."

...seine eigene Rolle: "Meine Stärke war immer, dass ich nie von mir dachte, alles besser zu wissen. Sondern dass ich an jeder Hand Leute hatte, die ich um Rat fragen konnte, die mich korrigiert haben, die mir was sagen durften. Und so eine Ratgeberfigur möchte ich jetzt für die anderen werden. Eines ist dabei klar: Ich werde kein Claqueur sein."

...seinen neuen Lebensabschnitt: "Ich bin selbst neugierig. Mein Büro soll Herbert Hainer beziehen. Wenn man beim FC Bayern meinen Rat braucht, bin ich da. Wenn sie ihn nicht brauchen, ist es ein gutes Zeichen. Mein Leben ist total in Balance. Besonders freue ich mich auf noch mehr Zeit mit meinen Enkelkindern. Ich bin unter anderem Vorsitzender des Kuratoriums der Dominik-Brunner-Stiftung und sitze im Vorstand der FC Bayern Hilfe eV, werde weiter meine Vorträge halten, dazu Golfen und Schafkopfen - es wird nicht so sein, dass ich zuhause vor dem Telefon sitze und warte, dass jemand anruft."

...seine Fehler: "Mein allergrößter Fehler war meine Steuersache. Das bereue ich zutiefst, und Kritik daran ist höchst berechtigt. Ich bin meiner Familie unendlich dankbar, sie war ein ungeheurer Halt. Damals konnte ich viel nachdenken und über das Leben lernen. So verrückt es klingt: Auch diese Zeit möchte ich nicht missen. In schweren Stunden erinnere ich mich an die Schicksale, die ich da mitbekommen habe. Einmal saß einer noch in meiner Kammer, obwohl er entlassen war. Er sagte, er wüsste nicht, wohin er soll. Keiner hat ihn abgeholt. Irgendwann saß er dann doch in einem Taxi. Ins Nirgendwo. Solche Erlebnisse gehen nicht spurlos an einem vorüber."

...das Fallen der 100-Millionen-Marke bei Bayern-Transfers 2020: "So eine Summe wäre stemmbar. Aber ich glaube nicht, dass sie fällt, wenn man geschickt genug vorgeht."

...die Situation des FC Bayern in Europa "Es gibt weltweit kaum einen Verein, der so wie wir auf der Geldanlage-Seite geführt wird. Viele Klubs steuern stattdessen darauf zu, einen Schuldenberg jenseits einer Milliarde Euro anzuhäufen. Die wird es in absehbarer Zeit nicht mehr geben. Das wird Große treffen."

...das Internet: "Ich werde mich damit beschäftigen und es dann soweit beherrschen, dass ich mir darin auch mal gezielt Informationen besorgen kann. Es wird bei meiner Frau und mir jedoch nie so weit kommen wie bei diesem amerikanischen Ehepaar, das im Sommerurlaub am Nebentisch saß und sich eine Stunde nicht unterhalten hat, weil beide mit ihrem Smartphone beschäftigt waren. Ich habe mir fest vorgenommen, dass ich bei sozialen Medien in Zukunft bei meinen Familienmitgliedern mitreden kann. Momentan werde ich da immer etwas mitleidvoll in die Ecke gestellt (grinst)."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4663844
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Sz.de/dpa/sid
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.