Süddeutsche Zeitung

Hockey:Zaubern mit Schirm

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Die Hockey-Bundesligen starten der Pandemielage zum Trotz in die Hallensaison. Die Sicherheitsauflagen sind hoch, dennoch stellen manche Akteure die Sinnfrage.

Von Katrin Freiburghaus

Hallenhockey ist für die Hockey-Bundesligisten ein bisschen wie das Skilager in der Oberstufe. Aufgrund der höheren Geschwindigkeit und des Fokus auf Technik ist die Indoor-Variante im Grunde eine andere Sportart als Feldhockey und als Ausgleich zum Ligaalltag äußerst beliebt. Die Klubs nehmen die kurze Wintersaison sportlich ernst, weil ein Meister und die Europacup-Teilnehmer ermittelt werden, aber sie ist eben auch: Spektakel, Stimmung, Wiedersehen mit Ehemaligen, viele Kontakte in wenigen Wochen - auf dem Feld und daneben.

Kurz: Die aktuellen Rahmenbedingungen dafür könnten schlechter nicht sein, denn all das gilt es vor dem Hintergrund der aktuell durch Europa schwappenden Corona-Welle ja tunlichst zu vermeiden. Liga und Klubs entschieden sich dennoch gegen eine erneute Absage des Budenzaubers; im vergangenen Winter war er noch ersatzlos entfallen. Am Samstag beginnt die Saison für den Münchner Sportclub und den Nürnberger HTC direkt mit dem Derby in München.

Erstliga-Hockey fällt formal unter Profisport und genießt deshalb Freiheiten

Um möglichst wenige Risiken einzugehen, erfüllt das Hygienekonzept der Liga die behördlich verordneten Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung vielerorts über. Obwohl Erstliga-Hockey formal unter Profisport fällt und deshalb Freiheiten genießt, verständigten sich die Klubs darauf, trotz annähernd hundertprozentiger Impfquote alle Spieler vor Trainingseinheiten sowie am Spieltag zusätzlich zu testen. "Sicherer geht es im Moment nicht", sagt Frederic Wolff, Kapitän und Hockey-Abteilungsleiter des Nürnberger HTC. "Ob das alles insgesamt sinnvoll ist, steht trotzdem auf einem anderen Blatt", fügt er zwar hinzu, doch er betont auch, dass sich seit dem vergangenen Jahr in der Auseinandersetzung mit der Pandemie viel getan habe.

Verantwortlich für den Spielbetrieb ist mittlerweile nicht mehr der Deutsche Hockey-Bund, sondern die neu gegründete Hockey-Liga. Das führe zu "höherer Flexibilität", wie es Wolff diplomatisch ausdrückt. Gemeint ist damit, dass die Entscheidungen weniger von Vordrucken, dafür mehr von der Lebensrealität der Spieler abhängen als noch vor einem Jahr. Damals entschieden Spitzfindigkeiten darüber, ob eine Begegnung abgesagt oder verschoben werden konnte, in diesem Jahr sieht Wolff "weniger starre Regeln und mehr Verantwortung in den Händen der Teams".

"Auch wir werden Fälle haben, da geben wir uns keinen Illusionen hin", sagt MSC-Trainer Kermas

Sportlich kann der NHTC die Verschnaufpause gut gebrauchen, nachdem sich die Feldsaison in der Hinrunde erwartet schwierig gestaltet hatte. Die Franken sind Vorletzter der Gesamttabelle und überwintern als Letzter ihrer Rückrundenstaffel. Wolff hält es zwar für Unsinn, darauf zu hoffen, "dass wir irgendwelchen Schwung aus der Halle mitnehmen". Dafür seien die sportlichen Anforderungen zu unterschiedlich und die zeitlichen Abstände zu groß. "Aber wir haben viele sehr junge Spieler, für die der Sprung in den Erwachsenenbereich groß ist", sagt er, "und um sich an Härte und Tempo zu gewöhnen, ist die Halle ideal."

Die Münchner benötigen keine Aufmunterung; sie liegen im Feld in der zweiten Bundesliga Süd auf Aufstiegskurs, setzen aber auf die Wettkampfpraxis über den Winter. Weil Patrick Fritsche derzeit die deutschen U21-Junioren als Assistenztrainer bei der WM in Indien betreut, nimmt der ehemalige Bundestrainer Stefan Kermas, der die MSC-Männer schon mehrmals trainierte, für die Hallensaison auf der Bank Platz. "Die Mannschaft braucht Spiele auf hohem Niveau", sagt er. Ob die Saison zu Ende gespielt werden könne, sei momentan nicht seriös zu beurteilen. "Wir haben in der Liga einen guten Sicherheitsschirm, aber auch wir werden Fälle haben, da geben wir uns keinen Illusionen hin", sagt er. Das primäre Ziel sei eine "steile Lernkurve" des Teams, in dem viele Spieler so jung sind, dass sie ihr Bundesliga-Debüt in der Halle geben werden. Ziel ist es laut Kermas, "deutlich nicht abzusteigen und nach oben zu attackieren". Dasselbe Ziel verfolgen auch die Frauen des MSC, die am Samstag gegen Bietigheim in die Saison starten.

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