Süddeutsche Zeitung

Herrschings Umzug:München spielt jetzt Volleyball

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Von Sebastian Winter

Herrschings Volleyballer ziehen in eine neue Arena. Der Erstligist vom Ammersee trägt sein Playoff-Viertelfinal-Heimspiel am 1. April im Münchner Audi Dome aus - unter der Voraussetzung, dass der Tabellensechste sich für die Runde der letzten Acht qualifiziert. Das bestätigte Herrschings Geschäftsführer Fritz Frömming der Süddeutschen Zeitung. Auch ein mögliches Halbfinale würde der Klub in der rund 6700 Zuschauer fassenden Heimat der Bayern-Basketballer spielen.

In der kommenden Saison 2020/21 sind dann fünf oder sechs Heimspiele im Audi Dome geplant, in der Saison darauf womöglich alle Heimspiele, wie Frömming der SZ bestätigte. Der Vertrag, den Herrsching als Veranstalter mit dem FC Bayern, dem Betreiber der städtischen Arena, geschlossen hat, läuft demnach über drei Jahre, einschließlich der Saison 2022/23. "Das ist eine Chance, die du vielleicht nur einmal im Leben bekommst", sagt Frömming: "Für uns ist das der nächste Schritt in die Professionalisierung, und für mich ist der Audi Dome mit seinem runden Erscheinungsbild die schönste Volleyballhalle Deutschlands."

Tatsächlich wurden dort früher schon Volleyballspiele ausgetragen, beispielsweise Europapokalduelle des TSV 1860 München mit seinem damaligen Trainer Stelian Moculescu. Aber das ist Jahrzehnte her.

Der Umzug nach München bedeutet zugleich, dass die WWK Volleys sich Schritt für Schritt aus ihrer Heimat am Ammersee verabschieden werden - wo der Gemeinderat ihnen schon im Jahr 2017 den Bau einer modernen Arena verwehrt hatte. Auch der zuletzt forcierte Umzug nach Fürstenfeldbruck, wo sich der Volleyball-Erstligist mit den in die zweite Liga strebenden TuS-Handballern an einer knapp zwölf Millionen Euro teuren Multifunktionshalle beteiligen wollte, ist mit dem Umzug in den Audi Dome geplatzt. "Wir müssen uns leider von dem Projekt in Fürstenfeldbruck verabschieden. Wenn wir die Möglichkeit haben, in eine existierende Halle zu ziehen, noch dazu in München, dann ist das der bessere, schnellere und risikoärmere Weg", sagt Frömming.

Im Boden der Halle gibt es keine Löcher für die Netzpfosten. Es bedarf einer Spezialkonstruktion

Die heimische Nikolaushalle entspricht nicht den Statuten der Volleyball-Bundesliga (VBL), sie fasst maximal 1000 Zuschauer, ist zu flach, außerdem taugt sie nicht für Live-Übertragungen im Fernsehen. Bislang durfte Herrsching dort per Ausnahmegenehmigung spielen, allerdings musste der Klub immer vom Playoff-Viertelfinale und dem Pokal-Halbfinale an zu "Heimspielen" in eine andere Arena umziehen. Mal wich er nach Innsbruck aus, mal nach Vilsbiburg, mal nach Unterhaching. All das waren, wie die Nikolaushalle selbst, wenig nachhaltige Notlösungen, die den Verein auch bei der Vermarktung limitierten.

Der Wechsel nach Sendling-Westpark bietet nun große Chancen für die Mannschaft von Max Hauser, die in den jüngsten vier Spielzeiten viermal das Playoff-Viertelfinale erreichte und dreimal das Pokal-Halbfinale. Die VBL wünscht sich ja werbetaugliche Leuchttürme wie den deutschen Meister Berlin, die in großen Arenen spielen. Berlin hat mit rund 4000 Zuschauern im Schnitt europaweit die größte Resonanz in diesem Sport, Herrsching hätte nun als erster Volleyball-Profiklub im Münchner Raum die Möglichkeit, längerfristig eine große Arena zu bespielen. Dass sie gute Marketingideen haben, haben sie in Herrsching in der Vergangenheit schon öfter bewiesen, Frömming hofft für den 1. April schon einmal auf 3000 Besucher. Außerdem kann die neue Halle auch ein Signal für starke Spieler sein, künftig nach München zu wechseln.

Der Umzug birgt andererseits auch einige Gefahren, wie man am Beispiel von Herrschings Ligakonkurrenten Eltmann sieht. Der Aufsteiger aus Unterfranken beschloss vor dieser Saison, all seine Heimspiele in die Bamberger Brose Arena auszulagern. Kurz vor Weihnachten meldete der Klub Insolvenz an - er hatte sich offenbar auch hinsichtlich der teuren Miete für die große Arena übernommen. Immerhin ist der Spielbetrieb bis zum Saisonende gesichert, das teilte die Liga vergangene Woche mit, Eltmann muss aber zurück in seine wesentlich kleinere Georg-Schäfer-Halle ziehen und wird von den Playoffs ausgeschlossen.

Die Frage ist, ob die mit ihrem 600 000-Euro-Etat auch nicht auf Rosen gebetteten Herrschinger sich den Audi Dome auch dauerhaft leisten können; ob das mit Fußball, Eishockey und Basketball verwöhnte Münchner Publikum Erstliga-Volleyball im Audi Dome annimmt; und ob die Herrschinger Fans aus der beschaulichen Ammersee-Gemeinde die Pendelei nach München auf sich nehmen.

Die Probleme, die im Dome selbst einem Volleyballspiel noch entgegen stehen, wirken dagegen ziemlich klein. Da es keine Löcher für die Netzpfosten im Boden gibt, muss eine spezielle Konstruktion gebaut werden. Ein weiteres Hindernis ist der Videowürfel, der Frömming zufolge auf 7,66 Metern hängt - die Mindest-Deckenhöhe beim Volleyball beträgt aber neun Meter. Für die Partie im April hat die Liga aber schon eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Und für die Zukunft wird sich der Klub, dessen Maskottchen ein Killerwal ist, schon etwas einfallen lassen.

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Quelle:
SZ vom 28.01.2020
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