Süddeutsche Zeitung

Henning Wehn:Engländer als Deutschland-Fans

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Ihre eigene Mannschaft können die Briten bei der EM in Österreich nicht anfeuern. Ein ganzes Fußballvolk ist deshalb auf der Suche nach Alternativen.

Ann-Kathrin Eckardt

Der deutsche Comedian Henning Wehn, 34, in Großbritannien als "German Ambassador", deutscher Botschafter, bekannt, wirbt in der Zeitung Guardian und im Internet-Videoportal YouTube für die deutsche Elf.

SZ: Herr Wehn, wie viele Engländer haben Sie denn schon bekehrt?

Henning Wehn: Bis jetzt haben sich nur vier bei mir gemeldet. Aber damit habe ich immerhin schon ein Siebtel meiner selbstgesteckten Zielvorgabe erreicht. Die liegt bei 28.

SZ: Das klingt nicht gerade sehr ambitioniert.

Wehn: Ist es aber. Es ist eben nicht einfach, die Engländer für die Europameisterschaft zu begeistern, geschweige denn für Deutschland. Meine Bekannten in London zum Beispiel finden es zwar alle lustig, dass ich sie überzeugen will. Aber mit mir nach Österreich fahren will trotzdem keiner. Obwohl ich Karten habe!

SZ: Mit welcher Wunderwaffe wollen Sie die britischen Fans denn für die deutsche Elf gewinnen?

Wehn: Ich arbeite da mit verschiedenen Anreizen. Ganz toll ist zum Beispiel, dass die Engländer endlich einmal ein Siegerteam unterstützen können. Außerdem könnten sie Elfmeterschießen von uns lernen. Und eigentlich haben die Engländer sowieso mehr mit uns Deutschen gemein, als sie immer glauben.

SZ: Zum Beispiel?

Wehn: Etwa unsere Abneigung gegen die Franzosen. Auch kulturell haben die Engländer viel von uns übernommen. Ohne Gutenberg, den Erfinder des Buchdrucks, gäbe es zum Beispiel keine Yellow Press. Und was wäre die britische Popmusik ohne Beethoven und Händel? Und dann sind da natürlich noch Goethe, Kant und Nietzsche.

SZ: Mit Goethe lassen sich Fußballfans locken?

Wehn: Naja, ein echter englischer Fan kennt sie ehrlich gesagt meistens gar nicht. Aber ich kann ja nicht nur mit Bier für die deutsche Elf werben.

SZ: Was bekommen Sie zu hören, wenn Sie in England auf die EM-Schmach anspielen?

Wehn: ,But we've won the war' - dafür haben wir den Krieg gewonnen. Aber oft kommen einem die Engländer schnell zuvor und machen sich lieber selbst über ihre Nationalmannschaft lustig.

SZ: Und wozu der ganze Aufwand?

Wehn: Der echte deutsche Botschafter setzt sich nicht für die deutsche Elf ein. Also übernehme ich das. Die britischen Fußballfans sind es ja von der Premier League gewohnt, lauter Ausländer anzufeuern.

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SZ vom 18.06.2008/mb
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