Süddeutsche Zeitung

Handball-Bundesliga:"Selten dämlich" kurz vor Schluss

Lesezeit: 2 min

Von Carsten Scheele, Hannover

Bis zum noch größeren Fiasko für die Rhein-Neckar Löwen fehlten nur ein paar Meter. Spielmacher Andy Schmid hatte im letzten Angriff den Ball in die Hände der Hannoveraner gespielt, ein Wurf des Gegners - und der Ball hoppelte dem leeren Tor entgegen. Für die TSV Hannover-Burgdorf wäre es der Siegtreffer in einem dramatischen Spitzenspiel gewesen, doch die Schlusssirene ertönte, als der Ball von Nejc Cehte noch fünf Meter bis zur Torlinie zu absolvieren hatte. Kaum in der Lage, sich über den glücklichen Punkt zu freuen, verließen die Mannheimer fluchtartig die Halle. Das Überraschungsteam aus Hannover feierte das Remis und weitere Tage an der Tabellenspitze, die Löwen grollten.

"Selten dämlich" sei seine letzte Aktion gewesen, sagte Schmid hinterher, "eines Mittelmanns nicht würdig". Neun Sekunden vor Schluss, beim Stand von 29:29, hätte er das wild hin und her wogende Spiel final entscheiden können, doch der Schweizer fand in Überzahl keinen freien Werfer. Schon beim Unentschieden in Erlangen hatten die Mannheimer hitzköpfig einen Drei-Tore-Vorsprung verspielt, nun der erneute Rückschlag. "Das war unser eigener Fehler", kritisierte der achtfache Torschütze Mads Mensah Larsen: "Es ist ein Punkt, aber trotzdem ein verlorenes Spiel."

Folgenschwerer Blackout bringt Hannover zurück

Das Team um den mit viel Bohei aus Paris zurückgekehrten Nationalmannschaftskapitän Uwe Gensheimer sammelt gerade zu viele Minuspunkte, um im Umbruchjahr ernsthaft als Meisterschaftskandidat gelten zu können. Mit 14:6 Punkten ist der Verein auf Rang fünf abgerutscht, liegt deutlich hinter Hannover (17:3), das sich weiterhin an der Tabellenspitze hält, und dem THW Kiel (14:2).

Es war jedoch nicht nur die "Scheiß-Entscheidung" (Schmid) im letzten Angriff, die die Laune trübte. Zum wiederholten Male hatte sich das Team einen folgenschweren Blackout geleistet, führte in der zweiten Halbzeit bereits mit vier Toren, ehe minutenlang alles schief ging. Hannovers Torwart Urban Lesjak konnte den Ball nach zwei Paraden jeweils mit langem Wurf im verwaisten Mannheimer Tor unterbringen, sein dritter Versuch landete an der Latte. So kam Hannover in einem verloren geglaubten Spiel wieder heran.

"Wir haben heute ein Handballfest erlebt. Das war an Dramatik kaum zu überbieten", sagte Hannovers Sportlicher Leiter Sven-Sören Christophersen, der früher selbst Nationalspieler war. Aus den schweren Partien gegen Flensburg, Magdeburg und Mannheim haben die "Recken" nun fünf Punkte geholt, nur in Melsungen verloren. "Es ist riesig, was unsere Mannschaft in dieser Saison abliefert", jubilierte auch Kapitän Fabian Böhm. Zusammen mit seinen Kollegen tanzte er nach Spielschluss durch die Halle. Da war von den Gegnern nichts mehr zu sehen.

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