Süddeutsche Zeitung

Hamburger SV:Kleine Signale

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Die Hanseaten erfreuen sich am Erfolg gegen Düsseldorf - und an Simon Terodde. Und doch richtet Trainer Thioune einen besonderen Appell an seine Mannschaft.

Von Thomas Hürner, Hamburg

Einen Mann wie Simon Terodde haben sie in Hamburg lange gesucht, er ist aber auch so etwas wie ein personifiziertes und ehrliches Eingeständnis. Ihm haftet das Etikett "Zweitligastürmer" an, als dreimaliger Torschützenkönig in dieser Spielklasse darf das aber als Qualitätsmerkmal gelten. Beim HSV indes sieht man sich allein aus Traditionsbewusstsein natürlich eher als Erstligaklub, der nun in der dritten Saison in Serie in unangemessenen Sphären unterwegs ist - in einem inzwischen viel zu lang andauernden Fehler in der Fußballgeschichte sozusagen.

Terodde hat in seinem Zweitligadebüt für Hamburg gleich mal zwei Tore erzielt - und das im Spitzenspiel gegen den Erstliga-Absteiger Fortuna Düsseldorf. Der 2:1-Heimsieg am vergangenen Freitagabend darf nicht nur wegen Terodde als einer mit einer kleinen Signalwirkung gelten, zumal er auf einer konzentrierten Leistung fußte und am Ende ungefährdet zustande kam. "Einzelne Spieler" wollte der neue HSV-Trainer Daniel Thioune nachher zwar nicht hervorheben, in einem Nebensatz attestierte er Terodde jedoch, "dass er weiß, wo der Rahmen steht". Er brachte sich und seine 1,92 Meter bei hohen Bällen auch immer wieder clever in Stellung. Das 1:0 erzielte er per Elfmeter kurz vor der Pause.

"Physically top" sei der HSV gewesen, bilanzierte der Fortuna-Coach Uwe Rösler, ein Trainer mit langer England-Vergangenheit. Die Hamburger begegneten Düsseldorfs Pressing mit Risikofreude und Ballsicherheit, was auch insofern bemerkenswert war, als in Moritz Heyer ein Innenverteidiger aufgestellt worden war, der keine 24 Stunden hatte, um seinen neuen Klub kennenzulernen. Allerdings wisse Heyer, "wie sein Trainer tickt", sagte Thioune, "er hatte also nicht viel zu verlieren auf dem Platz". Thioune hat Heyer bereits in der vergangenen Saison in Osnabrück trainiert.

Zu verlieren gibt es beim HSV aber bekanntlich immer etwas, vor allem nach einem Pokal-Debakel wie in Dresden. Es war also nicht überraschend, dass die 1:4-Niederlage vom Montag weitere Maßnahmen nach sich ziehen musste. Verteidiger Toni Leistner wurde vorsichtshalber von der Mannschaft isoliert und ins Einzeltraining beordert, nachdem er gegen seinen früheren Klub auf die Tribüne gestürmt war, um einen Dynamo-Fan in Schulhof-Manier nach einer Beleidigungen zurechtzuweisen. Er hätte aufgrund gültiger Hygiene-Normen also ohnehin gefehlt, am Freitag wurde er vom Sportgericht für drei Spiele gesperrt und zu einer Geldstrafe verurteilt.

Eine "große Erleichterung" war für Thioune entsprechend der gute Auftritt gegen Düsseldorf, "wir waren schon ein wenig unter Druck". Für die Hamburger Defensive galt das allerdings nicht. Die 1000 Zuschauer bekamen auch in der zweiten Halbzeit eine Partie zu sehen, in der sich Fortuna fast ausschließlich darauf verständigte, die eigene Defensive zu verdichten - und einen HSV, dem es meist an zündenden Ideen mangelte. Bis es dann wieder Terodde war, der in der 60. Minute nach einem Konter das 2:0 erzielte, diesmal per Kopf. Insgesamt waren es seine Tore Nummer 119 und 120 in der zweiten Liga, Terodde steht damit auf Platz vier in der ewigen Bestenliste.

"Über meine ersten beiden Treffer freue ich mich ungemein", sagte der Stürmer, "aber wenn noch der Ausgleich gefallen wäre, hätten wir uns davon auch nichts kaufen können." Die Fortuna kam in der Nachspielzeit noch zum Anschlusstreffer, was angesichts so mancher Last-Minute-Niederlage in der vergangenen Saison schlimme Erinnerungen im Volksparkstadion geweckt haben dürfte. Diesmal brachte der HSV den Sieg problemlos über die Zeit.

Und so war es ein gelungenes Heim-Debüt für Trainer Thioune. "Hamburg, der HSV, das Stadion", sagte er, "das ist alles schon sehr imposant." Nur: "Die Größe hilft uns nicht, wenn es ums Gewinnen geht." Ein 1,92 Meter großer Stürmer namens Terodde aber durchaus.

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SZ vom 21.09.2020
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