Süddeutsche Zeitung

Golf:Große Bühne ohne Kaymer

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Deutschlands bester Profi legt eine Pause ein, um zu regenerieren und zu seiner Form zurückzufinden. Damit riskiert Martin Kaymer freilich auch seinen Startplatz für die PGA-Tour in den USA.

Von Felix Haselsteiner

Über 70 Golflöcher hatte es so ausgesehen, als ob Martin Kaymer endlich wieder gewinnen könnte. Drei hervorragende Runden hatte er gespielt, auch in der vierten Runde war er gut dabei und spielte bei den BMW International Open in Pulheim, einem von nur zwei Turnieren der European Tour in Deutschland, um den Sieg mit - bis zu Loch 17 der Finalrunde, als er einen einfachen Chip aus etwa 50 Metern mit der Sohle des Schlägers spielte. Der Ball schoss über das Grün hinaus, ins tiefe Gras dahinter. Die Siegchance hatte Kaymer damit vergeben, genauso wie die Gelegenheit, auf heimischem Boden zu beweisen, dass er immer noch zu den besten Spielern der Welt gehört.

Die Saison 2018 ist die vielleicht schwierigste in Kaymers bisheriger Karriere, das bittere Scheitern kurz vor dem möglichen Erfolg im Golfclub Gut Lärchenhof ist eigentlich noch eine der positiven Geschichten des Jahres, immerhin ist es das beste Ergebnis neben einem achten Rang bei den Italian Open Anfang Juni. Den zwei Top-10-Platzierungen stehen acht verpasste Cuts gegenüber, also achtmal keine dritte und vierte Runde, achtmal keine Weltranglistenpunkte und vor allem achtmal weniger Selbstvertrauen.

Am Dienstagabend verkündete Kaymer, 33, in den sozialen Netzwerken nun den Entschluss, eine Pause zu machen und die zwei nächsten Turniere in den USA auszulassen, was angesichts seiner schwachen Ergebnisse zuletzt sinnvoll ist - aber weitreichende Konsequenzen haben könnte: Kaymers Spielberechtigung für die PGA Tour, die größte Bühne des Golfsports, ist in Gefahr. Dort, wo Woche für Woche die besten Spieler der Welt um die höchsten Preisgelder und das größte Prestige spielen, wird Kaymer vermutlich bald fehlen. Dabei hat er jahrelang zu jener Elite gezählt: Als erster Deutscher nach Bernhard Langer konnte er 2010 ein Major-Turnier gewinnen. Damit qualifizierte er sich für die US-Tour, es folgten der Sieg beim prestigeträchtigen Players-Championship 2014 und schließlich eine Demonstration bei den US Open im selben Jahr. Noch heute spricht man im berühmten Pinehurst Golf Resort in North Carolina von diesem Deutschen, der mit sagenhaften acht Schlägen Vorsprung gewann, dem größten Abstand in der langen Historie diese Turniers. Mit dem wichtigsten Sieg seiner Karriere sicherte sich Kaymer eine Reihe sogenannter "Exemptions", Berechtigungen, die es ihm ermöglichten, weiter in den USA zu starten. Doch selbst die Exemptions eines Major-Siegers laufen irgendwann aus.

Kaymers Hoffnung vor dieser Saison war daher, die letzte Chance auszunutzen, viele Turniere in den USA zu spielen, möglichst eines zu gewinnen und so wieder eine Startberechtigung für die nächste Saison zu bekommen. Dieser Plan ist aktuell gescheitert, auch weil Kaymer sich im Februar bei einem Turnier in Florida verletzte und danach unter Druck stand: Um seinen Status als Mitglied auf der PGA-Tour zu erhalten, brauchte er 15 Turnierstarts. Kaymer kehrte also schnell auf den Golfplatz zurück, wohl ohne voll auskuriert zu sein. Er spielte seit Ende März fast ohne Pause durch, allerdings fern von seiner Bestform und daher auch ohne Erfolg.

Der Entschluss, eine Pause bis zum nächsten Major, dem PGA Championship in der zweiten Augustwoche, einzulegen, fasste Kaymer nach der Open Championship in Schottland, wo er erneut am Cut gescheitert war. Das vierte und letzte Major des Jahres ist nun seine letzte Hoffnung, durch einen Sieg würde Kaymer wieder den nötigen Status bekommen, um auch nächstes Jahr in den USA spielen zu können. Die Alternative wäre eine Rückkehr auf die European Tour 2019. Auch in Europa kann man viel Geld verdienen, erst recht weil seit vergangenem Jahr ein Uhrenhersteller eine Turnierserie mit sieben Millionen Euro Preisgeld sponsert. Doch ein zweimaliger Major-Sieger spielt eher nicht, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Für Martin Kaymer geht es erst einmal darum, wieder die Form zu erreichen, mit der er Turniere gewinnen kann.

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Quelle:
SZ vom 26.07.2018
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