Süddeutsche Zeitung

Fußball:Französischer Verbandspräsident tritt zurück

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Nach Vorwürfen sexueller Belästigung gibt Noël Le Graët sein Amt auf, die Justiz ermittelt gegen den 81-Jährigen. Auch Kanadas Verbandspräsident Nick Bontis zieht Konsequenzen aus Streits mit den Nationalteams.

Nach Vorwürfen sexueller Belästigung gibt der Präsident des französischen Fußballverbands, Noël Le Graët, sein Amt auf. Bei einer Vorstandssitzung habe der 81-Jährige am Dienstag seinen Rücktritt bekanntgegeben, teilte der Fußballverband (FFF) in Paris mit. Demnach gab Le Graët vor dem Exekutivkomitee sein Ausscheiden bekannt, nachdem er zuvor immer stärker unter Druck geraten war. Vorläufig hatte er seinen Posten bereits am 11. Januar geräumt. Die Pariser Justiz ermittelt gegen ihn wegen sexueller Belästigung. Le Graët hatte das Spitzenamt seit 2011 inne. Seine vierte Amtszeit hätte eigentlich erst 2024 geendet. Die Nachfolge tritt bis zum 10. Juni, dem Termin der nächsten Bundesversammlung, interimsweise der vorherige Vizepräsident Philippe Diallo, 59, an.

Ein Bericht des Sportministeriums war kürzlich zu dem Schluss gekommen, dass Le Graët nicht mehr über die nötige Legitimität verfügt, um den französischen Fußball zu verwalten und zu repräsentieren. Er habe ein unangemessenes Verhalten Frauen gegenüber und habe diese regelmäßig mit Worten und SMS sexuell belästigt. Le Graëts Verhalten lasse Anstand und Würde, die sein Amt erforderten, vermissen und seine Entgleisungen, die durch übermäßigen Alkoholkonsum verstärkt würden, schadeten dem Image des Fußballverbandes.

Der Fußballverband selber erklärte am Dienstag, dass dieser Bericht weniger auf objektiven Fakten als auf Einschätzungen beruhe, die manchmal zu einer unverhältnismäßigen Verunglimpfung geführt hätten. Der Verband bedauerte zudem, dass es kein richtiges Verfahren gegeben habe und das zahlreiche Anmerkungen des Verbandes zur Bekämpfung sexistischer und sexueller Gewalt nicht berücksichtigt worden seien. Der FFF sei stark gegen sexistische und sexuelle Gewalt engagiert.

Kanadas Verbandspräsident erkennt an, "dass dieser Moment eine Veränderung erfordert"

Auch Kanadas Verbandspräsident Nick Bontis ist am Montag (Ortszeit) mit sofortiger Wirkung im Zuge des Streits mit den Nationalteams der Frauen und Männer zurückgetreten. Zuvor hatten laut kanadischen Medienberichten 13 Präsidenten von Provinzverbänden in einem Brief die Demission des 53-Jährigen gefordert. Bontis, seit 2020 Verbandschef und seit 2012 Vorstandsmitglied, war zuletzt heftig in die Kritik geraten. In einer Erklärung sagte der Vorsitzende von Canada Soccer, dass er zwar ein "Befürworter" der Gleichstellung der Frauen- und Männer-Nationalteams sei und darin auch ein "echtes Potenzial" sehe. Gleichzeitig erkenne er aber auch an, "dass dieser Moment eine Veränderung erfordert".

Die Olympiasiegerinnen um Kapitänin Christine Sinclair kämpfen für Lohngleichheit und gegen angeblich fehlende Unterstützung seitens des nationalen Verbandes. Beim SheBelieves Cup vor anderthalb Wochen protestierten die Spielerinnen beim Spiel gegen die USA (0:2) mit lila T-Shirts, auf denen während der Nationalhymne "genug ist genug" stand. Der kanadische Verband hatte Anfang des Jahres das Trainingslager zeitlich gekürzt und die Aktivitäten vor Ort zu eng getaktet, was sich negativ auf die WM-Vorbereitungen der Mannschaft auswirken würde, hieß es zuletzt in einer Erklärung. Daraufhin hatten Sinclair und Co. mit einem Streik bei dem Vorbereitungsturnier gedroht, der letztlich aber nur in einem Protest mündete.

Die Männer-Nationalmannschaft um Bayern Münchens Alphonso Davies war ein halbes Jahr vor der WM in Katar zu einem geplanten Testspiel gegen Panama aus Protest sogar nicht angetreten. Das Verhältnis zum Verband sei seit Jahren angespannt, Bemühungen für eine stärkere Professionalisierung und eine höhere Beteiligung an Prämien würden stocken, hatten die Spieler damals ihre Entscheidung begründet.

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