Süddeutsche Zeitung

Trauer um Francis Lee:Der Man-City-Man

Lesezeit: 2 min

Der englische Meister trauert um Francis "Franny" Lee. Der Mittelstürmer und Präsident war eine Vereinslegende, obwohl City wegen seinen "Murks"-Entscheidungen fast abgestürzt wäre. Doch Lee blieb dem Klub treu - und umgekehrt. Ein Nachruf.

Von Javier Cáceres

Die Titelseiten der englischen Zeitungen warteten am Dienstag mit der Nachricht vom Tode von Francis "Franny" Lee auf, und das lag unter anderem daran, dass die einstige Stürmer-Legende ikonische Bilder der TV-Geschichte geliefert hatte. Etwa, als er sich als Stürmer von Derby County im November 1975 auf dem Rasen einen veritablen Boxkampf mit Norman Hunter lieferte, einem berüchtigten Wadenbeißer von Leeds United. Und ein Jahr zuvor, als er gegen "sein" Manchester City ein Traumtor geschossen hatte. "Schauen Sie in sein Gesicht. Schauen Sie nur in sein Gesicht!", rief der Kommentator. Lee lachte aus vollem Halse, denn ein Jahr zuvor war er gegen seinen Willen von City verkauft worden.

"Sein" City waren die Skyblues unter anderem deshalb, weil er in Manchester seine erfolgreichste Zeit als Stürmer gehabt hatte. Lee wechselte 1967 von den Bolton Wanderers zu den Citizens - gegen die er 1960 sein erstes Profitor erzielte hatte - und blieb dort bis 1974. Als klassische Neun kam er bei City auf 148 Tore in 330 Spielen. Zu seinen wichtigsten Treffern zählte das zweite Tor im Finale des Europapokals der Pokalsieger von 1970 in Wien gegen Gornik Zabrze (Polen) per Elfmeter. Das war bezeichnend: Lee galt als Strafstoß-Spezialist und stellte in der Saison 1971/72 einen Rekord an "penalties" auf, wie Elfmeter im Englischen genannt werden. Ihm wurde darob ein koreanisch anmutender Kosename verpasst, mit allerdings unterschiedlichen Schreibweisen: Die einen nannten ihn "Lee one pen", die anderen "Lee won pen", weil ihm unterstellt wurde, sich gern im Strafraum fallen zu lassen. In jedem Fall hatten beide Versionen ihre Wurzel im Zahlenteil der englischen Blätter, wo bei den Ergebnissen oft genug das phonetisch gleichklingende "Lee 1 (pen)" zu lesen war.

Seine Liebe zu ManCity beruhte auf Gegenseitigkeit

Der WM-Teilnehmer von 1970 (unter anderem war er bei der Hitzeschlacht von León gegen die deutsche Mannschaft dabei) beendete seine Karriere 1976 - und wurde fortan nicht nur ein erfolgreicher Rennpferdtrainer, sondern vor allem ein arrivierter Unternehmer.

Mit Altpapier und Klorollen verdiente er ein derartiges Vermögen, dass er in den 1990er Jahren zum Hauptaktionär und Präsidenten von Manchester City aufsteigen konnte. Seine Amtszeit als Vorsitzender (1994-1998) war jedoch eingestandenermaßen von Missgriffen geprägt. "Gäbe es Pokale für Murks, könnte man sich in Citys Geschäftsstelle nicht mehr bewegen", sagte er mit Blick auf diverse Trainerverpflichtungen, die den aktuellen Champions-League-Titelverteidiger fast in die dritte Liga stürzen ließen. Dem Verein, der damals noch im legendären Stadion an der Maine Road spielte, blieb Lee in Liebe verbunden. Diese Liebe beruhte auf Gegenseitigkeit. "Franny war immer der Maine man", wortspielte der Manchester Evening Standard über den Mann, der am Montag nach langer Krebskrankheit im Alter von 79 Jahren gestorben ist.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6269697
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.