Süddeutsche Zeitung

Football:Job zu erledigen

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Die Kirchdorf Wildcats wollen den Verbleib in der GFL im Relegations-Rückspiel sichern. Das Ungewöhnliche: Sie spielten in dieser Saison bislang mit drei Quarterbacks. Ein Abstieg würde den Klub aber nicht aus der Bahn werfen.

Von Raphael Späth

"Execution" ist ein Wort, das im American Football im täglichen Sprachgebrauch verwendet wird. Am Ende gewinnt das Team, das seinen Spielplan besser umsetzen und aufs Feld bringen kann - im Relegationshinspiel der German Football League (GFL) zwischen den Kirchdorf Wildcats und den Ravensburg Razorbacks war das an diesem Tag der Zweitligist aus Ravensburg. "Sowohl offensiv als auch defensiv haben sie heute ihren Spielplan besser ausgeführt als wir", sagt Clayton Turner, Offensive Coordinator der Kirchdorf Wildcats nach der 28:40-Niederlage. "Jetzt kommt es darauf an, den Fokus zu behalten, mit der richtigen Einstellung ins nächste Spiel zu gehen und den Job zu erledigen. That's all it is."

Dass die Kirchdorf Wildcats am Samstag überhaupt gegen die Razorbacks antreten mussten, und dass sie am Sonntag, 6. Oktober, das Rückspiel in Ravensburg zu bestreiten haben, liegt an den Munich Cowboys, die in ihrem letzten Saisonspiel doch noch einen Sieg gegen die Ingolstadt Dukes einfahren konnten und somit die Kirchdorfer in die Relegation zwangen. "Ich hatte insgeheim schon gehofft, dass die Cowboys verlieren", gesteht Wildcats-Coach Christoph Riener. "Aber wenn es für die eine Mannschaft nur noch um die Ehre und für die andere um Alles geht, ist die Gefahr groß, dass das für uns in die Hose geht. Und so ist es dann auch passiert."

"Das haben wir uns selbst eingebrockt"

Die Kirchdorf Wildcats konnten also nur tatenlos zusehen, wie sie doch noch von den Cowboys überholt werden - ihr letztes Saisonspiel hatten die Wildcats schon eine Woche zuvor gegen den Meisterschaftszweiten aus Frankfurt deutlich verloren. Riener hatte an jenem Tag der Entscheidung einen geschäftlichen Termin, deshalb hat er das Spiel des direkten Konkurrenten nur mit einem Auge verfolgt - "alles andere wäre wohl zu nervenaufreibend gewesen".

Kirchdorf konnte in dieser Saison nur zwei Spiele gewinnen, eins davon gegen die Munich Cowboys. Allerdings feierten die Münchner mit jenem Erfolg am letzten Spieltag gegen Ingolstadt den dritten Saisonsieg, so dass die Wildcats nach zwei Jahren erster Liga jetzt in der Relegation um den Klassenverbleib kämpfen müssen. "Das haben wir uns selbst eingebrockt", sagt Trainer Riener trocken. "Es war mit Sicherheit auch ein bisschen Verletzungspech dabei, aber das jetzt als Ausrede und Hauptgrund zu benutzen, wäre mir zu einfach."

Die Wildcats spielten in dieser Saison beispielsweise mit drei Quarterbacks, was alles andere als optimal ist, weil dieser das Rückgrat und Gehirn der Offensive darstellt. Dazu waren die insgesamt vier amerikanischen Spieler im Kader häufiger verletzt - aufgrund des kleinen Budgets der Wildcats wogen diese Ausfälle besonders schwer: "Wir sind die einzige Mannschaft der GFL, die tatsächlich nur mit den vier Amerikanern als Vollzeitkräften arbeitet. Alle anderen haben auch europäische Vollzeitprofis, dort fällt ein Ausfall nicht so schwer ins Gewicht wie bei uns." Im Duell mit Ravensburg macht das allerdings keinen großen Unterschied - die Razorbacks bewegen sich mit ihrem Zweitliga-Budget eher in der Kirchdorfer Kategorie und treten nicht mit voller Importpower an. Sie waren schon in der Vorsaison das stärkste Team der GFL 2 Süd und kämpften in der Relegation gegen die Stuttgart Scorpions um den ersten GFL-Aufstieg der Vereinsgeschichte - damals gingen aber beide Duelle sehr deutlich an den Favoriten aus der ersten Spielklasse.

Ein Honorarcoach würde den Wildcats viele andere Investitionsmöglichkeiten nehmen

Christoph Riener weiß, wovon er spricht, seit 1993 ist er quasi durchgängig am Geschehen in Kirchdorf beteiligt - zuerst als Spieler, dann als Trainer. "Ich habe sowohl die Regionalliga, als auch die zweite und erste Liga mitgemacht, von daher ist meine Loyalität an keine Liga gebunden." In erster Linie gehe es ihm darum, seinen Spielern "die Möglichkeit zu bieten, den Sport möglichst hochklassig auszuüben, ohne sich um verschiedene Sachen Gedanken machen zu müssen".

Wie alle Trainer in seinem Coachingstab arbeitet auch Riener ehrenamtlich in Kirchdorf. Ein Honorarcoach würde den Wildcats viele andere Investitionsmöglichkeiten nehmen. "Man muss sich bewusst machen, dass wir mit dem Standort Kirchdorf schon hart an der Belastungsgrenze des logistisch Möglichen sind", sagt er. "Ich würde behaupten, dass 20 Jahre GFL am Stück in Kirchdorf sehr schwierig umzusetzen sind."

Deshalb würde ein Abstieg in die zweite Liga den Verein nicht aus der Bahn werfen, "der ein oder andere Sponsor hätte vielleicht sogar gar nichts dagegen, in der zweiten Liga zu spielen und dafür mehr Siege zu sehen". Trotzdem will Riener mit seiner Mannschaft aus sportlicher Sicht natürlich unbedingt die Klasse halten. "Ravensburg hat die Liga in diesem Jahr nicht dominiert. Das heißt, sie müssen für eine Erstligamannschaft deutlich schlagbar sein", analysiert er. Alles andere findet er "nicht akzeptabel". Nach der 28:40-Niederlage im Hinspiel muss im Rückspiel also eine Leistungssteigerung her, um den Abstieg doch noch zu vermeiden. Das Stichwort lautet "Execution".

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SZ vom 25.09.2019
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