Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Der Chef-Vertreter badet im lautesten Jubel

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Zweites Spiel ohne Julian Nagelsmann, zweiter 4:0-Sieg unter Assistenzcoach Dino Toppmöller: Der FC Bayern beweist in sportlicher Hinsicht Stabilität und erlebt die größte Fankulisse im eigenen Stadion seit mehr als eineinhalb Jahren.

Aus dem Stadion von Sebastian Fischer, München

Das Timing war günstig für Dino Toppmöller. Der Assistenztrainer des FC Bayern dürfe nun "gerne ein bisschen im Scheinwerferlicht stehen", hatte Julian Nagelsmann gesagt, der Chefcoach, der coronapositiv das Spiel gegen die TSG Hoffenheim nur aus der häuslichen Isolation sah. Und so stand Toppmöller, Sohn des ehemaligen Bundesligatrainers Klaus Toppmöller und seit dieser Saison im Trainerteam des FC Bayern, nun an der Seitenlinie in der menschenvollen Arena, jubelte, wurde von Sportvorstand Hasan Salihamidzic umarmt und hörte den lautesten Torschrei, den es in der Münchner Arena seit mehr als eineinhalb Jahren gegeben hatte.

Das 4:0 (2:0) des FC Bayern am Samstag hatte zunächst mal einen emotionalen Wert. 60 000 Zuschauer waren in der Arena, erstmals seit März 2020 hätte das Stadion mit 75 000 Zuschauern auch wieder voll sein dürfen. An den Banden hingen die Banner von Fanclubs wie den "Kornlupfern Bazi Offensau" oder der "Oberfrankenvereinigung 1983". Auch jene tendenziell nicht zu beneidende Menschen waren wieder da, die in einem weißen Ganzkörperanzug auf der Haupttribüne sitzen, um ein "T" für den Münchner Hauptsponsor zu formen.

Den deutlich hörbarsten Unterschied zu den Vorwochen boten die Ultras, die wieder in der Südkurve standen und sangen. Außerdem hatten sie in der zweiten Halbzeit eine Botschaft an den Gegner vorbereitet. Im Frühjahr 2020 hatten die Münchner Fans mit Beleidigungen gegen den Hoffenheimer Mäzen Dietmar Hopp noch einen Streit mit den Fußballverbänden eskalieren lassen- damals, vor Corona, war das ein großes Thema. "Alles beim Alten, wir sind wieder da, Dietmar Hopp bleibt ein", stand nun auf drei Transparenten, ehe die Anhänger das vierte samt Pointe enthüllten: "ganz feiner Ehrenmann".

Robert Lewandowski erzielt sein zehntes Saisontor im neunten Spiel

Alles beim Alten, das galt auch in weiten Teilen für das Sportliche. Ein Münchner Sieg ist gerade offenbar auch ohne die Ansprache des Cheftrainers in der Kabine und mit ein paar Stammspielern auf der Ersatzbank gegen einen mittelklassigen Bundesligisten kaum gefährdet, anders noch als beim Heimspiel zuvor, dem 1:2 gegen Eintracht Frankfurt. Nagelsmann sei von daheim wie schon beim 4:0 in Lissabon in der Champions League unter der Woche aus dem Hotel mit dem Trainerteam in Kontakt gewesen, erzählte Toppmöller. "Julian konnte immer wieder eingreifen, wenn er das für nötig gehalten hat." Aber so viel musste er vielleicht gar nicht tun.

In der 16. Minute traf Serge Gnabry aus halbrechter Position im Strafraum zur Führung, nach einem Pass von Jamal Musiala, der anders als in Lissabon unter der Woche genau wie Linksverteidiger und Sommer-Zugang Omar Richards in der Startelf stand. In der 30. Minute erzielte Robert Lewandowski sein zehntes Saisontor im neunten Spiel, erwähnenswert war daran auch die Vorarbeit von Thomas Müller, der den Ball gegen den aus München nach Hoffenheim verliehenen, körperlich deutlich wuchtigeren Chris Richards behauptete; Müller deutete sich beim Jubeln auf den Bizeps.

Als Müller in der zweiten Halbzeit ausgewechselt war, spielten zwischendurch auch die Hoffenheimer ein bisschen mit. Von der 55. bis zur 70. Minute habe seine Mannschaft ein paar Chancen kreiert, so beschrieb es Gästetrainer Sebastian Hoeneß. Doch danach erhöhten die Münchner den Spielstand auf die in dieser Saison beinahe standesgemäße Höhe, es war schon der fünfte Bundesligasieg mit mindestens vier eigenen Toren. Die eingewechselten Eric Maxim Choupo-Moting und Kingsley Coman, Letzterer mit seinem ersten Tor nach einer Herz-OP, trafen zum 3:0 (82.) und 4:0 (87.). Überraschend war danach vielmehr, dass Lewandowski alleine vor Hoffenheims Torwart Oliver Baumann weder quer auf den freien Corentin Tolisso spielte, noch das 5:0 erzielte, sondern drüber schoss.

Wie lange Dino Toppmöller noch bleibt, hängt von Nagelsmanns Corona-Tests ab

"Wir sind alle froh, wenn Julian schnellstmöglich wieder zurückkommt", sagte Dino Toppmöller in der Pressekonferenz nach dem Spiel, er gehe dann wieder einen Schritt nach hinten, in die zweite Reihe. Wann das sein wird, das konnte er natürlich auch nicht sagen, es hänge von Nagelsmanns Corona-Tests ab. Vielleicht bleibt Toppmöller also auch am Mittwoch im DFB-Pokalspiel bei Borussia Mönchengladbach noch der Vertreter seines Chefs.

Vorerst hat der frühere Zweitligaprofi, der selbst unter anderem beim luxemburgischen Klub F91 Düdelingen schon Chefcoach war und in der vergangenen Saison bereits Nagelsmanns Assistent bei RB Leipzig, mit sechs Punkten und 8:0 Toren in zwei Spielen nicht die schlechteste Bilanz vorzuweisen. "Wir haben jetzt zwar zwei Spiele 4:0 gewonnen, aber davor die Spiele waren auch nicht so schlecht", sagte er mit einem Grinsen.

Und Toppmöller hat nun auch schon die anderen, eher fußballfernen Seiten des Jobs als Coach des FC Bayern kennengelernt. Nach dem Sieg am Samstag ging es nur noch kurz um die sportliche Aktualität, dann bald um Joshua Kimmich, der im Sky-Interview nach dem Spiel bestätigt hatte, noch nicht geimpft zu sein, was natürlich ein paar Fragen aufwarf. Er respektiere das, sagte Toppmöller, und erwähnte auch, dass jeder Spieler die Möglichkeit gehabt habe, mit dem Internisten des Klubs über die Risiken einer Impfung zu sprechen. Mehr, bemerkte er, könne dazu dann sicher an anderer Stelle von anderen Offiziellen aus dem Verein noch gesagt werden.

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