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Saisonstart des FC Bayern:Experten für ein Post-WM-Trauma

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Historisch gesehen stehen die Chancen nach großen Turnieren günstig, den FC Bayern auf dem falschen Fuß zu erwischen. Pep Guardiola verfügt zwar über einen flexiblen Kader, trotzdem hat die Konkurrenz den Spielplan genau studiert.

Ein Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Karl-Heinz Rummenigge ist verärgert. Er zürnt einigen Managern aus der Bundesliga, die nicht einverstanden waren, als er irgendwann in grauer Vorzeit vorschlug, die nächste Saison nicht am 22. August, sondern erst am 29. August starten zu lassen. Seitdem ist allerdings einiges passiert. Und wer weiß, wie entgegenkommend die Kollegen heute, im Gänsehaut-Gefühl des WM-Triumphes von Rio wären . . .

Damals aber standen die Liga-Manager, die ein Veto gegen den Plan des Vorstandsvorsitzenden des FC Bayern einlegten, unter einem anderen, aus ihrer Perspektive ernüchternden Eindruck: unter dem der Tabelle. Mit 19 Punkten Vorsprung kamen die Bayern im Mai 2014 ins Ziel, im Mai 2013 waren es gar 25 Punkte gewesen. Sternenfern war die Tabellenspitze, nicht mal mehr mit dem Fernglas zu entdecken. Und so hätte die Konkurrenz, erzählt Rummenigge heute, sein Ansinnen mit der Begründung abgelehnt, "es sei die einzige Chance, Bayern mal Probleme zu bereiten".

Als wenn es auf diese eine Woche im August ankäme. Wäre dies wirklich so, würde der FC Bayern seine sechs Weltmeister nicht Ende Juli umgehend wieder in einen Transatlantik-Flieger verfrachten. Nach nur drei Wochen Urlaub, nach der Rückkehr aus Mykonos und Ibiza. Es geht zu einer PR-Reise in die USA. Die Stichworte dazu: Auslandsvermarktung! Expansion! Neue Märkte!

Nein, da folgt jeder Klub eigenen Interessen. Und für die Auslandsvermarktung, die dem FC Bayern neuerdings so wichtig ist, könnte es nur von Vorteil sein, würde es der Liga gelingen, ihr Spannungsmoment zu erhöhen. Gut möglich, denn historisch ist es so, dass es in den Spielzeiten nach großen Turnieren leichter fällt, die Münchner auf dem falschen Fuß zu erwischen. Nie gelangten diese in der Saison nach einem WM-Gewinn zum Titel: 1955 lag RW Essen vorne, 1975 Mönchengladbach, 1991 Kaiserslautern. Und auch jüngst die Meisterschaften von Stuttgart (2007), Wolfsburg (2009) oder Dortmund (2011) folgten direkt auf eine WM oder EM.

Rummenigge ist dies alles bestens bekannt, er ist von einem Post-WM-Trauma quasi schon früh geprägt worden. Sein erstes Ligaspiel für den FC Bayern bestritt er mit 19. Es wurde ein legendäres: Jenes 0:6 gegen Kickers Offenbach, die Saisonpremiere von Maier, Müller, Beckenbauer gleich nach dem WM-Gewinn 1974 in München.

Am Saisonende waren die Bayern Zehnter.

Vergangenheit, heute haben die Münchner einen Kader, mit dem sie flexibel reagieren können. Und doch ist es verständlich, dass zum Beispiel die Schalker den Spielplan sehr genau studiert haben. Dass sie hoffen, dass da was geht am zweiten Spieltag, im ersten Auswärtsspiel womöglich WM-schlaffer Bajuwaren. Die Sterne stehen günstig für Königsblau: Vorige Saison kamen die Bayern erst am sechsten Spieltag. Die Schalker verloren 0:4. Schlimmer noch: Den Ball berührten sie nur beim Anstoß.

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Quelle:
SZ vom 21.07.2014
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