Süddeutsche Zeitung

FC Bayern in der Einzelkritik:Boatengs Kopfball peitscht durch den Regen

Der Verteidiger erzielt das wichtigste der sechs Bayern-Tore, Serge Gnabry probiert Elferschinden per Schwalbe, Thomas Müller stellt sich da cleverer an. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Lisa Sonnabend

Manuel Neuer

Trat im Januar 2014 schon einmal in Salzburg an - bei einer Testspiel-Klatsche: Kassierte damals mit Bayern drei Gegentore. Kassierte nun nach nur vier Minuten schon wieder ein Gegentor in Salzburg und verhinderte aufmerksam und durch angedeutete Weltklasse weitere Gegentore. Diesmal rissen sich seine Mitspieler zusammen und machmal sorgte Neuer auch dafür, dass sich seine Mitspieler zusammenreißen mussten (Bild). Hatte diesmal nur noch einen zweiten Gegentreffer hinzunehmen, sein Team schoss sechs statt null Tore. Es war schließlich kein Testkick, sondern Champions League.

Benjamin Pavard

War zuletzt bei den beiden 2:1-Siegen in Moskau und Köln auf dem Platz gestanden - und es hatte auch an ihm gelegen, dass die Siege mühsame waren. Diesmal liefen die meisten Salzburger Konter über seine Seite, der Franzose wackelte dabei häufig. Beim 0:1 ließen ihn die Kollegen aus der Abwehr allein, Pavard war deswegen so perplex, dass er mit seiner Grätsche gegen Margim Berisha zu spät kam. Wurde nach 74 Minuten ausgewechselt. Wieder nicht immer glücklich.

Jérôme Boateng

Traf ein paar Sekunden zu spät auf dem Rasen ein, als die Uefa bereits mit dem Abspielen der Hymne beginnen wollte. Nach Anpfiff erneut verschlafen: Vermied es, die Salzburger Angreifer beim ersten Gegentreffer zu bedrängen. Bekam es in der 65. Minute dann offenbar nicht mit, dass Masaya Okugawa eingewechselt worden war - er ließ den Japaner Sekunden später den 2:2-Ausgleich erzielen. Machte dann aber seine Unachtsamkeiten wieder gut und peitschte eine Ecke von Kimmich per Kopf durch den Regen zum wichtigen 3:2 ins Tor. Ist derzeit ohnehin ziemlich wichtig für den FC Bayern, da Niklas Süle sich nach einem positiven Corona-Test zuhause isolieren muss und David Alaba wohl kommende Saison nicht mehr mitspielen wird.

David Alaba

Stand im Fokus, aber nicht weil er erstmals in der Champions League in seinem Heimatland auflief, sondern weil er sich mit seinem Arbeitgeber über seine Vertragsverlängerung streitet. Vor Anpfiff legte Sportvorstand Hasan Salihamidžić nach - und machte deutlich, dass die Bayern sich nach zwölf Jahren nach anderen Optionen umsehen. Stand beim ersten Gegentreffer sich mit Boateng im Wege, agierte danach allerdings meist gedankenschnell und umsichtig. Frage ist, ob das reicht, dass Salihamidžic sich nochmal mit ihm an den Verhandlungstisch setzt.

Lucas Hernandez

Purzelte im Duell mit dem jungen Dominik Szoboszlai - der Schiedsrichter zeigte auf den Elfmeterpunkt, doch nach Überprüfung am Monitor kam er dem Franzosen auf die Schliche: Er war gar nicht der Gefoulte, sondern hatte sich selbst regelwidrig verhalten. Zeigte danach, dass er zwar nicht so schnell und dribbelstark wie der verletzte Alphonso Davies ist, aber wachsam - und treffsicher: Erzielte in der Nachspielzeit das sechste Bayern-Tor.

Joshua Kimmich

Immer zur Stelle, wenn es brenzlig wird, als wäre er Polizeihund Chase von der Paw Patrol. Stürmte diesmal allerdings nicht los, um die Bayern nach dem 0:1 aus der Gefahrensituation zu befreien. Begnügte sich zunächst damit, ein paar Pässe zu spielen, Kommandos zu rufen - und überließ es den Teamkollegen, das Spiel zu drehen. Als Salzburg dann allerdings das 2:2 erzielte, griff er doch ein - und servierte Boateng einen Eckball direkt auf den Kopf.

Corentin Tolisso

Fiel bei Bayern lange dadurch auf, dass er viel gekostet hatte, aber nur selten mitspielte. In dieser Saison nun aber sehr präsent: Weil Leon Goretzka angeschlagen fehlte, mischte er auch in Salzburg wieder mit. Stemmte sich mit seinem Körper gegen die wilden Salzburger - doch manchmal konnten die das Mittelfeld kaum bedrängt passieren. Fiel mit einem herrlichen Zuspiel für Gnabry auf, doch der war an diesem Abend nicht in Torlaune.

Serge Gnabry

Schoss nach zehn Minuten als erster Bayern-Spieler aufs Tor, doch Innenverteidiger Andre Ramalho klärte auf der Linie. Traf fünf Minuten dann später sehenswert ins Tor, stand aber im Abseits. Scheiterte in der 61. Minute freistehend an Cican Stankovic. Überließ das Toreschießen diesmal den anderen. Sah dann auch noch die gelbe Karte wegen einer Schwalbe.

Thomas Müller

Genoss es während der Partie, dass die meisten Gegenspieler aus Salzburg seine Sprüche verstehen und drückte ihnen den ein oder anderen rein. Schlitzohrig mal wieder auch am Ball: Führte Hernández vor, wie man nach einer leichten Berührung gewandt einen Elfmeter herausholt. Schoss beim 2:1 Gegenspieler Rasmus Kristensen an, der den Ball mit dem Kopf ins eigene Tor katapultierte. Stand bei diesem Angriff auch noch ein paar Zentimeter im Abseits, das merkte aber niemand.

Kingsley Coman

Die Champions League war zuletzt seine Bühne: Entschied mit seinem Tor das Finale in Lissabon und glänzte beim 4:0-Sieg gegen Atlético Madrid. Gegen Salzburg blieb er verhältnismäßig unscheinbar. Schob sich nur einmal mit einer sehenswerten Drehung an Rasmus Kristensen vorbei, traf dann aber nur die Latte. Wurde nach 74 Minuten ausgewechselt.

Robert Lewandowski

Konnte erstmals in seiner Laufbahn einen Elfmeter in der Champions League nicht verwandeln: Verschoss in der 12. Minute aber nicht, sondern der Schiedsrichter nahm den Strafstoß zurück. Lewandowski hatte sich umsonst bereitgemacht. Wenig später gelang ihm dann doch sein 12. Elfmeter-Treffer im 12. Versuch in der Champions League. Reckte den Arm nach oben, als wäre er gerade zum US-Präsidenten oder zumindest zum Weltfußballer des Jahres gewählt worden. Als er schließlich noch das 5:2 erzielte, lächelte er milde.

Einwechselspieler

Bouna Sarr, Leroy Sané und Javi Martínez kamen alle drei in der 74. Minute. Sané machte mit dem frechen Schuss zum 4:2 alles klar, Martínez legte das 5:2 auf. In der Nachspielzeit durften sich auch noch Jamal Musiala und Douglas Costa im Salzburger Regen nass machen.

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