Süddeutsche Zeitung

Basketball:Stärker als 108 Dezibel

Lesezeit: 3 min

Die FC-Bayern-Basketballer schlagen nach ihrem Euroleague-Coup in Istanbul auch Brose Bamberg auswärts mit 94:87. Das bayerische Derby erstrahlt fast wie in alten Zeiten - doch Bambergs Hoffnungen auf einen Heimsieg prallen vor allem an Münchens Power Forward Augustine Rubit ab.

Von Sebastian Winter

108,3 Dezibel wurden zwischenzeitlich gemessen in Bambergs Sportarena am Sonntagabend, es war laut, die Halle war mit 6150 Zuschauern ausverkauft, seit drei Jahren endlich mal wieder, und manchmal ging es auch hitzig zu auf dem Feld. "Freak City" war wieder da, zumindest ein bisschen, so haben die Basketballer Bamberg ja einst werbeträchtig getauft, wegen der großen Unterstützung auf den Rängen und in der Stadt. Und der Rahmen war ja auch angemessen, es spielte Brose Bamberg gegen den FC Bayern München, ein Duell, das früher einmal als Spitzenspiel in der Bundesliga firmierte.

Früher, als Bamberg noch Saison für Saison in der Bundesliga antrat, um deutscher Meister zu werden. Neunmal gewannen sie diesen Titel zwischen 2005 und 2017, die letzten drei Mal war ein gewisser Andrea Trinchieri ihr Trainer. Nun kam er zurück als Coach des FC Bayern, in Erwartung eines Pflichtsieges. Denn das einst große Bamberg ist mächtig zusammengeschrumpft, Anfang Januar gab der langjährige Geldgeber Michael Stoschek auch noch den Verkauf der Brose-Anteile am Bamberger Bundesligisten und seinen Rückzug aus dem Aufsichtsrat bekannt.

Nun, nach der 87:94-Niederlage gegen die Bayern vom Sonntagabend, sind die Bamberger Tabellenzwölfter, da halfen auch die 108,3 Dezibel nichts. Sie müssen um den Einzug in die Playoffs fürchten. Und Trinchieri? Hat seinen Pflichtsieg bekommen, wenn auch einen sehr, sehr hart erkämpften. Alles andere wäre auch unerhört gewesen aus Sicht der Münchner - 2018 haben sie zuletzt gegen Bamberg verloren. Das vergangene Wochenende kann sich nun sehr sehen lassen aus Sicht des FC Bayern, der am Freitag schon seine Euroleague-Partie beim Favoriten Anadolu Efes Istanbul 89:81 (36:40) gewonnen hatte.

Die Voraussetzungen waren gar nicht so gut: Othello Hunter fehlte wegen einer Augeninfektion

Dabei waren die Voraussetzungen vor dem Spiel in Bamberg gar nicht so gut gewesen. Denn zu den verletzten Vladimir Lucic und Andreas Obst gesellte sich ausgerechnet Othello Hunter, der in Istanbul so stark gespielt hatte, aber am Sonntag mit einer Augeninfektion ausfiel. Rückkehrer D.J. Seeley, den die Münchner in der vergangenen Woche aus Frankreich nachverpflichtet hatten, stand erstmals im Kader, kam aber noch nicht zum Einsatz.

Schon im ersten Viertel deutete sich eine spannende Partie an, die Bayern trafen, Bamberg auch, es war ein Offensivspektakel, das erst mit der knappen 30:26-Führung für die Münchner ein Ende fand, als die Sirene ertönte. Gäste-Coach Trinchieri schimpfte auf die Schiedsrichter, die den Dreier von Cassius Winston, der tatsächlich klar hinter der Linie gestanden war, fälschlicherweise nur als Zwei-Punkte-Treffer gewertet hatten. Der fehlende Punkt spielte später aber keine Rolle mehr in diesem Spiel.

Die Partie blieb intensiv, auch weil Bamberg im zweiten Viertel bis auf einen Punkt herankam. Nur vermochten es Topscorer Patrick Miller (23 Punkte, wie Augustine Rubit bei den Bayern), Christian Sengfelder und Co. an diesem Abend nicht, den Wendepunkt zu schaffen. Immer wieder holten sie Rückstände auf, um dann aber selbst wieder mit ihren Würfen zu scheitern, wenn es die Chance zur Führung gab. So setzten sich die Bayern im dritten Viertel wieder ab und erlaubten sich im letzten Viertel sogar noch sechs Minuten am Stück, in denen ihnen nur zwei Treffer gelangen.

33 Sekunden vor Schluss war es der ohnehin in bestechender Form spielende Rubit, der alles klar machte. Erst gelang ihm ein Offensivrebound und direkt danach ein schöner Zwei-Punkte-Wurf in den Korb, der auch noch mit einem zusätzlichen Freiwurf garniert wurde, weil ihn ein Bamberger in der Wurfbewegung gefoult hatte. Zwischen 2017 und 2019 hatte der 33-jährige Texaner übrigens das Bamberger Trikot getragen. Neben Rubit überzeugten am Sonntag bei den Gästen auch Cassius Winston (16 Punkte, 6 Assists), der in Istanbul noch einen Cut am Auge erlitten hatte, der genäht werden musste, und Niels Giffey (11 Punkte, 5 Rebounds).

Am Freitag hatten die Münchner in Istanbul einen noch glanzvolleren Abend verbracht und Anadolu Efes, den Sieger von 2021 und 2022, düpiert. Es war eine starke Reaktion nach zwei Niederlagen in der Bundesliga und einer weiteren in der Euroleague - und eine, die man im dritten Viertel nicht mehr für möglich gehalten hatte. Denn da war Trinchieris Team vor 14 500 Zuschauern in der annähernd ausverkauften Erdem-Halle schon mit 16 Punkten zurückgelegen. Im letzten Viertel gelang ihnen dann, angeführt von Hunter (18 Punkte), Rubit (14) und Winston (14), ein 30:17-Lauf. "Du brauchst einen Funken und einen Veteran, der dir den Weg zeigt", hatte Trinchieri nach der Partie gesagt. Der von ihm angesprochene "Veteran" war Hunter, der den Bayern mit vielen erfolgreichen Dreiern und Rebounds wieder Leben einhauchte. " Er hat mit dem Willen und mit dem Verlangen geworfen, zu scoren. Wir sind ihm gefolgt und jeder hat ein großartiges viertes Viertel gespielt", sagte Trinchieri.

Gegen Bamberg fehlte Hunter dann, und das vierte Viertel war alles andere als großartig. Aber die Bayern hatten Rubit. Und sie versprühten an diesem Abend einen Siegeswillen, der die Zuschauer in Freak City mehr und mehr verstummen ließ.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5737200
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.