Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Ancelotti schwärmt von seiner Abwehr

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Vor dem ersten Testspiel des FC Bayern verabschiedet der neue Trainer Medhi Benatia nach Turin - und spricht ein Wechselverbot für Joshua Kimmich aus.

Von Sebastian Fischer

Zum ansonsten noch eher überschaubaren deutschen Sprachschatz des Fußballtrainers Carlo Ancelotti gehört nach nur einer Woche in München bereits ein beeindruckend kompliziertes Wort. Der Trainer des FC Bayern kann über das Wetter sprechen ("nix so gut, aber kein Problem") und über sein Lieblingsgetränk ("roter Wein"); er weiß, was der bei der Europameisterschaft in Frankreich zunehmend unglückliche Stürmer Thomas Müller jetzt gerade braucht ("Ferien"), und kann die wichtigste Tugend aller Sportler richtig betonen: "Professionalität", wobei das deutsche Wort dem italienischen professionalità natürlich sehr ähnlich ist.

Ein kompliziertes Wort allerdings, das Ancelotti bereits gekonnt zur Verwendung bringt, ist ein recht abstrakter Begriff: "Geist". Nach Insistieren des Pressesprechers präzisierte er am Freitag, bei seiner ersten Pressekonferenz am Vereinsgelände an der Säbener Straße: "Teamgeist ist am wichtigsten."

Zu Mario Götze sagte Ancelotti vorsichtshalber nichts von Substanz

Wenn die ersten Tage des Italieners beim deutschen Meister bereits eine Erkenntnis gebracht haben, dann ist es diese: Ancelotti, 56, will gute Stimmung verbreiten. Er will niemandem seine Ideen aufzwingen, nicht unbedingt jeden Spieler besser, sondern erst mal die wichtigen Spieler glücklich machen.

Ancelotti lobte also bei der ersten Gelegenheit umfänglich die Arbeit mit seiner neuen Mannschaft: Er werde sein System an den Spielern ausrichten, erklärte er, was wohl einen der wichtigsten Unterschiede zur Herangehensweise seines Vorgängers Pep Guardiola darstellt. "Es gibt kein Gewinnsystem", sagte der Trainer. Er lobte die Nachwuchsspieler, die in der ersten Woche mit den Profis trainierten, und er pries Uli Hoeneß, der sei eine "Legende. Ich habe ihn noch nicht getroffen, würde ihn aber sehr gerne kennenlernen". Zu Mario Götze, dessen Wechsel nach Dortmund wohl feststeht, sagte er vorsichtshalber nichts von Substanz.

Dafür sprach er umso mehr über seine Innenverteidigung, die nun nur noch vier Spieler stark ist. Er wünsche dem in seinen zwei Jahren in München chronisch verletzten und unzufriedenen Medhi Benatia "viel Glück" bei seinem neuen Team, sagte Ancelotti und betonte, dass er trotz des Weggangs des Marokkaners zu Juventus Turin keinen Handlungsbedarf sehe.

"Wir haben vier sehr gute Verteidiger: Die Position ist abgedeckt." Holger Badstuber, seit Februar verletzt, sei "in 15 Tagen bereit zu spielen". Und in der Abwehrmitte könne auch Joshua Kimmich aushelfen. Der bleibe zu hundert Prozent beim FC Bayern, sagte Ancelotti zu den Gerüchten, wonach Guardiola seinen Zögling nach Manchester zu transferieren gedenke. Ancelotti zog die linke Augenbraue nach oben: keine Diskussion.

Das Zucken mit der Augenbraue sowie das Parlieren in seiner Muttersprache gelten als Indizien für Unzufriedenheit beim Mann aus der Emilia-Romagna. Bislang hat er Italienisch allerdings nur mit dem des Romanischen mächtigen Franck Ribéry gesprochen, Grund zur Aufregung gab es noch nicht. Die Übungen erkläre er auf Deutsch, was süßer als Rotwein und schöner als das Wetter klingen muss; den Test beim SV Lippstadt am Samstag nannte Ancelotti ein "freundliches Spiel".

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Quelle:
SZ vom 16.07.2016
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