Süddeutsche Zeitung

FC Augsburg:Störende Botschaften

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Dass Zweitligist RB Leipzig den Abbruch der Verhandlungen mit Trainer Markus Weinzierl verkündet, verschärft die durch das 2:4 in Mainz ohnehin schon großen Probleme des FC Augsburg.

Von Tobias Schächter, Mainz

Martin Schmidt war bemüht, nicht zu euphorisch zu wirken. Nach dem 4:2 gegen den FC Augsburg wäre ja eine mögliche Europapokal-Teilnahme seines FSV Mainz 05 kein verspäteter Karnevalsscherz, sondern Tabellenrealität. Und weil sich die Mainzer die Chance auf internationale Spiele ohnehin nicht mehr nehmen lassen wollen, will Schmidt die aufkommende Euphorie nach "dem Furiosum" (Schmidt) gegen Augsburg nicht noch zusätzlich stimulieren. Der Schweizer wollte aber auch den Verlierern offenbar nicht noch weiter den Tag vermiesen, und so wünschte er dem FC Augsburg im Kampf gegen den Abstieg aufrichtig alles Gute. Denn, so sagte Schmidt: Vereine wie Augsburg, Mainz oder der letztjährige Absteiger SC Freiburg seien "Verbündete".

Martin Schmidt fasste so in einem Wort die Parallelen zwischen diesen organisch gewachsenen Klubs zusammen, die mit einer sehr guten Saison durchaus im Europokal landen, mit einer etwas schwächeren aber auch schnell in den Tabellenkeller absacken können. Für erfolgreiche Spielzeiten zahlen diese Klubs dann im Jahr darauf nicht selten einen hohen Preis. Freiburg ist vor einem Jahr abgestiegen, nachdem die Elf zuvor in der Europa League gastierte. Auch weil Erfolge Begehrlichkeiten wecken: Regelmäßig müssen diese Klubs ihre besten Spieler zu finanzkräftigeren Arbeitgebern ziehen lassen. Mainz verlor zum Beispiel die Trainer Jürgen Klopp und Thomas Tuchel, weil sie viel zu ambitioniert für den Standort wurden.

Auch der FC Augsburg erlebt gerade schmerzhaft die Schattenseiten des Erfolgs. Eben haben sie noch den Höhepunkt der Klubhistorie in einem spannenden, am Ende verlorenen Duell gegen den FC Liverpool gefeiert, aber nun scheint die Mannschaft den Spagat zwischen Festtag und Alltag eben doch nicht zu schaffen; im Saisonfinale geht der Elf die Luft aus. Sorgen bereiten nicht nur die Fehlleistungen einzelner Profis, mehr noch fällt auf: Der Elf geht gerade jene Kompaktheit verloren, die sie einst ausgezeichnet hatte. Viel zu groß waren diesmal die Lücken zwischen den Mannschaftsteilen, viel zu einfach konnten sich die Mainzer bis zum Torabschluss durchkombinieren. Trainer Markus Weinzierl hatte Recht, als er feststellte: "So gewinnt man keine Spiele." Dass mitten im Abwärtstrend jetzt aber auch noch die Trainerdiskussion hochkocht, könnte sich für den FCA unter Umständen noch als fatal erweisen. Weinzierl hat ja längst Begehrlichkeiten geweckt, er wurde, trotz laufenden Vertrags, als Kandidat in Gladbach, Schalke und Leipzig gehandelt.

Und nun kam also aus Leipzig die Kunde, der vermeintliche Aufsteiger aus der zweite Liga habe die Gespräche mit Weinzierl "abgebrochen". Oliver Mintzlaff, der RB-Geschäftsführer, erklärte, man habe sich mit Weinzierl auseinandergesetzt, dessen Berater Roman Grill am Freitag aber über das Ende des Interesses informiert. Nun steht die Frage im Raum, wer wem abgesagt hat: die Weinzierl-Partei den Leipzigern? Oder umgekehrt? Grill teilte dem Sport-Informations-Dienst mit, sein Klient habe sich "in den letzten Monaten nur mit dem FC Augsburg beschäftigt". Kolportiert wird auch, Weinzierl habe wenig Lust verspürt, unter dem mächtigen Ralf Rangnick zu arbeiten, der nach vollzogenem Aufstieg in die erste Liga wieder vom Trainer- ins Manageramt zurückkehren will. Gespräche haben aber offenbar stattgefunden, und dieser Fakt wirkt nun in den Klub hinein - er zeigt ja, dass Weinzierl einem Wechsel nicht abgeneigt zu sein scheint.

"Die Vereine müssen endlich mal kapieren, dass er bei uns einen Vertrag hat bis 2019."

Schon vorigen Sommer war Weinzierl, 41, auf Schalke ein Kandidat, was Manager Horst Heldt am Sonntag im Fernsehen bei Sport 1 bestätigte: "Es gab ein Werben, und er hatte Interesse." Genervt über die lodernde Debatte ist offenkundig der FCA-Manager Stefan Reuter: "Die Vereine müssen endlich mal kapieren, dass Markus Weinzierl bei uns einen Vertrag hat bis 2019."

Warum Leipzig die Verhandlungen öffentlich machte, ist unklar. Üblich ist das nicht. Möglicherweise will der vom Red-Bull-Konzern aufpolierte Klub zeigen, dass er die Deutungshoheit in der Trainerdebatte behalten will. Vorige Saison wirkte der höchst ambitionierte Klub etwas beleidigt, als der Wunschkandidat Thomas Tuchel lieber nach Dortmund als nach Leipzig wechselte. Auch deshalb übernahm Rangnick selbst den Trainerposten.

Als hätte der FCA nicht schon genug Probleme, so fällt nun auch Kapitän Paul Verhaegh wegen einer Muskelverletzung lange aus. Beim Auswärtsspiel am Samstag gegen den Tabellennachbarn in Bremen muss der FCA zudem auf die gelbgesperrten Markus Feulner und Ja-Cheol Koo verzichten. Weinzierl sagt trotzig: "Wir werden in Ruhe weiterarbeiten, dann werden wir das hinkriegen." Was zu beweisen ist.

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SZ vom 04.04.2016
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